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Nach 1918
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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64 Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 begann für die SED-Führung, an deren Basis längst über die Notwendigkeit von Reformen diskutiert wurde, ihr Überlebenskampf. Das Entstehen und Auftreten neuer Oppositionsgruppen vor dem 40. Jahrestag der DDR, dem die SED-Führung trotz aller Krisen alles unterzuordnen schien, wurde von der österreichischen Diplomatie aufmerksam verfolgt. Trotz der Reformverweigerung vermochte Bot- schafter Franz Wunderbaldinger sich keine Gewaltlösung in Europa vorzustel- len.240 Noch vor der Ablöse Honeckers stellte sich die Lage in der DDR wie folgt dar: Auch wenn die Staats- und Parteiführung der DDR seit Jahren „jeden Re- formbedarf“ bestritten hatte, war sie nun  – nach Massenflucht, wachsender Op- position und sich ausweitenden Protesten  – gezwungen zu reagieren. Auch wenn die Tage der SED zunehmend gezählt schienen, hielt man in Wien mit Blick auf die Haltung der Opposition zumindest einen Fortbestand der DDR für wahrschein- lich. Klar war aber: „Die Absicherung der staatlichen Identität hängt jedoch davon ab, ob es zu ausreichend tiefgreifenden Reformen kommt.“241 Da es in der DDR politisch und ökonomisch nicht mehr so weitergehen konnte wie bisher, rollten im Oktober reihenweise die Köpfe. Die am 18. Oktober voll- zogene Ablöse von Erich Honecker, dem sein „politischer Ziehsohn“ Egon Krenz nachfolgte, und vom Hauptverantwortlichen für die Wirtschaft, Günter Mittag,242 wurde am Ballhausplatz als „die Rettung der DDR vor dem totalen Verfall“ ge- wertet. Auch wenn die Zukunft alles andere als klar war, rechnete man zunächst mit einer raschen Erholung und damit, dass die DDR „ein noch viel bedeutsame- rer Partner für Österreich als in der Vergangenheit werden könnte“  – wie die Stasi treffend zusammenfasste.243 Da die Demonstrationen aber anwuchsen, wurden die Einschätzungen der österreichischen Diplomatie zur von Krenz verkündeten „Wende“ in der DDR zunehmend pessimistischer. Hauptgrund hierfür war sein Festhalten am Führungsanspruch der SED. Aufgrund der jüngsten Demonstra- tionen bezweifelte man, „ob dieser Kurs einer beschränkten Liberalisierung und deutlich eingegrenzter Reformen noch lange haltbar“ sein würde. Daher vertrat man die Ansicht, dass nur rasche tiefgreifende Reformen und die Zulassung eines echten politischen Pluralismus die Aufrechterhaltung eines zwar grundlegend geänderten aber doch eigenständigen und eigenstaatlichen Gesellschaftssystems in der DDR ermöglichen könnten.244 Die sowjetische Position zu dieser Frage wurde Wien Ende Oktober zugetragen: „Hoffnung, daß es zu keiner Explosion kommt; zum Bestehen zweier deutscher Staaten gäbe es heute keine realistische 240 Siehe Dok. 60. 241 Siehe Dok. 62. 242 Hierzu zuletzt Andreas Malycha, Die SED in der Ära Honecker. Machtstrukturen, Entschei- dungsmechanismen und Konfliktfelder in der Staatspartei 1971 bis 1989, München 2014, S. 389–408. 243 Archiv des Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehe- maligen DDR (BStU), Berlin, Ministerium für Staatssicherheit (MfS), A 239/89, Bd. 11, Bl. 334–335. 244 Siehe Dok. 65.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Title
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Subtitle
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Editor
Michael Gehler
Maximilian Graf
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
Location
Göttingen
Date
2018
Language
German
License
CC BY-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35587-5
Size
15.5 x 23.2 cm
Pages
792
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
  2. I. Vorbemerkungen 7
  3. II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
    1. 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
    2. 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
    3. 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
    4. 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
    5. 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
  4. III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
    1. 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
    2. 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
    3. 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
    4. 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
    5. 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
    6. 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
    7. 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
    8. 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
  5. IV. Editorische Vorbemerkungen 99
    1. Verzeichnis der Dokumente 103
    2. Dokumente 111
    3. Abkürzungsverzeichnis 723
    4. Literaturverzeichnis 731
    5. Personenregister 735
    6. Sachregister 773
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