Page - 115 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Image of the Page - 115 -
Text of the Page - 115 -
Anfang 1985: Grundbericht Österreich und die DDR Dok. 1
115
ten sich die bilateralen Beziehungen zwischen DDR und BRD im wesentlichen
zufriedenstellend. Sowohl der Wirtschaftsverkehr als auch die im Herbst 1978
erfolgte Unterzeichnung neuer erweiterter Verkehrsvereinbarungen18 spiegelten
dies wider. Trotz Mauer, Abgrenzungspolitik und Berührungsangst auf Seiten der
DDR waren laufend auch Schritte in Richtung Normalisierung zu registrieren.
Sogar im menschenrechtlich-humanitären Bereich konnte die Frage des Häft-
Bundesrepublik und die Sowjetunion dazu verpflichteten, die Entspannung und den Frieden
in Europa zu fördern, in Streitfragen auf die Anwendung von Gewalt zu verzichten und die in
Europa bestehenden Grenzen anzuerkennen (Artikel 3). Siehe Vertrag zwischen der Bundes-
republik Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, 12. August 1970
(= Dokument 19), in: Zehn Jahre Deutschlandpolitik, S. 156 (Erstveröffentlicht in: BGBl. 1972,
II, S. 354–355). Aufgrund der Formulierungen in Artikel 3 des Moskauer Vertrags übergab
die Bundesrepublik anlässlich der Unterzeichnung den „Brief zur deutschen Einheit“ in dem
festgehalten wurde, „daß dieser Vertrag nicht im Widerspruch zu dem politischen Ziel der
Bundesrepublik Deutschland steht, auf einen Zustand des Friedens in Europa hinzuwirken,
in dem das deutsche Volk in freier Selbstbestimmung seine Einheit wiedererlangt“. Siehe:
Brief zur deutschen Einheit, 12. August 1970 (= Dokument 20), in: Zehn Jahre Deutschland-
politik, S. 156–157. Erstveröffentlicht in: BGBl. 1972, II, S. 356. Als nächster Schritt folgte der
„Warschauer Vertrag“, in dem die Bundesrepublik die Oder-Neiße-Grenze anerkannte, eine
Anerkennung, die aber gemäß bundesdeutscher Sicht nicht als für Gesamtdeutschland ver-
bindlich gelten konnte. Siehe: Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der
Volksrepublik Polen über die Grundlagen der Normalisierung ihrer gegenseitigen Beziehun-
gen vom 7. Dezember 1970 („Warschauer Vertrag“), BGBl. 1972, II, S. 361. Nachdem die So-
wjetunion im Viermächte-Abkommen (siehe Anm. 15) den ungehinderten Transitverkehr
durch die DDR nach West-Berlin zugesagt hatte, konnten die Verhandlungen über das Tran-
sitabkommen mit der DDR rasch abgeschlossen werden. Siehe: Abkommen zwischen der Re-
gierung der Bundesrepublik Deutschland und der Regierung der Deutschen Demokratischen
Republik über den Transitverkehr von zivilen Personen und Gütern zwischen der Bundesre-
publik Deutschland und Berlin (West) (mit Anlage und Protokollvermerken), 17. Dezember
1971 (= Dokument 31), in: Zehn Jahre Deutschlandpolitik, S. 169–174. Die sogenannten „Ost-
verträge“ wurden am 17. Mai 1972 vom Bundestag ratifiziert. Das Viermächte-Abkommen
und der Transitvertrag traten am 3. Juni 1972 in Kraft. Bereits am 26. Mai 1972 erfolgte die
Unterzeichnung des „Verkehrsvertrags“. Siehe Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutsch-
land und der Deutschen Demokratischen Republik über Fragen des Verkehrs (mit Protokoll-
vermerken sowie Briefwechseln und Erklärungen der Staatssekretäre Bahr und Kohl) vom
26. Mai 1972 (= Dokument 38), in: Zehn Jahre Deutschlandpolitik, S. 183–188. Durch den
„Prager Vertrag“ vom 11. Dezember 1973 wurde schließlich nach zähen Verhandlungen auch
das Verhältnis zur Tschechoslowakei normalisiert und durch die Bundesrepublik die beste-
henden Grenzen anerkannt. Siehe Vertrag über die gegenseitigen Beziehungen zwischen der
Bundesrepublik Deutschland und der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik, BGBl.
1974 II, S. 990–992.
18 Diese betrafen insbesondere den Transitverkehr nach West-Berlin und wurden daher in Zu-
sammenarbeit mit dem Senat von Berlin und in Abstimmung mit den Drei Mächten verhan-
delt. Im Gegenzug erhielt die DDR erhebliche finanzielle Mittel zur Realisierung konkreter
vereinbarter Projekte im Bereich des Verkehrswesens. Siehe dazu Mitteilung der Bundesregie-
rung zum Ergebnis der Verhandlungen mit der DDR zu Verkehrsfragen und zum Zahlungs-
verkehr (= Dokument 157), in: Zehn Jahre Deutschlandpolitik, S. 341–353.
back to the
book Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit"
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99