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Nach 1918
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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Page - 117 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit

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Anfang 1985: Grundbericht Österreich und die DDR Dok. 1 117 allen zusammen, die sich von der Einsicht leiten lassen, daß es zur friedlichen Ko- existenz mit Staaten unterschiedlicher Gesellschaftsordnung keine vernünftige Alternative gibt, mit allen, die den Frieden aufrichtig wollen, unabhängig davon, in welchem weltanschaulichen oder politischen Lager sie sich befinden“.26 In diesem Sinne erbrachte das Jahr 1984 viele bilaterale Kontakte zwischen den beiden deutschen Staaten, darunter auf sehr hoher Ebene (Besuch Günter Mittag in Bonn bei Bundeskanzler Kohl,27 Treffen von Bundesminister Lambsdorff28 und Ministerpräsident Strauß29 mit Erich Honecker etc.30) und die Eröffnung von Verhandlungen über eine Reihe von beiderseits interessierenden Fragen, wie z. B.  Umweltprobleme, ein Kulturabkommen usw. Das Programm der Famili- enzusammenführung wurde, zumindest vorübergehend, wesentlich ausgeweitet (siehe unten, Punkt 2.4.3. Ausreisedruck),31 der 1983 stark gestiegene Handels- 26 Für die Rede Honeckers siehe: Stärke des Sozialismus  – entscheidendes Unterpfand im Kampf um den Frieden, in: Neues Deutschland, 13. Februar 1984, S. 3–4, für das wörtliche Zitat siehe S. 3. 27 Günter Mittag (der anlässlich der Messe in Hannover in der Bundesrepublik weilte)  und Hel- mut Kohl trafen am 18. April 1984 in Bonn zu einem Gespräch zusammen. 28 Otto Graf Lambsdorff, Bundesminister für Wirtschaft der BRD (1977–1984), siehe Personen- register mit Funktionsangaben. 29 Franz Josef Strauß, Ministerpräsident Bayerns (1978–1988), siehe Personenregister mit Funk- tionsangaben 30 Zum Treffen Honeckers mit Lambsdorff und Strauß am 11. März 1984 siehe Dokument 13, in: „Koalition der Vernunft“. 31 Dort hieß es: „Die Besetzung westlicher Botschaften in Ostberlin sowie in der Folge von Bon- ner Vertretungen insbesondere in Prag, Budapest und Warschau durch DDR-Bürger, die da- mit ihre Ausreise aus der DDR erzwingen wollten, hat zusammen mit der Anfang 1984 verfüg- ten ‚Ausreisewelle‘ von knapp 40.000 Personen (1984) drastisch die Aufmerksamkeit auf die fehlende Freizügigkeit der DDR-Bürger gelenkt. Die Meinungen über das Ausmaß der poten- tiellen Ausreisewilligen aus der DDR sind verschieden. Die DDR-Staats- und Parteiführung selbst scheint davon auszugehen, daß eine Liberalisierung der Ausreisebedingungen oder gar die Aufhebung der Ausreisebeschränkungen zu einer neuerlichen Massenflucht, wie sie vor 1961 zu verzeichnen war, führen könnte. Tatsächlich dürften mehrere hunderttausend Aus- reiseansuchen bei den zuständigen DDR-Behörden liegen und die erwähnte Ausreisewelle im Frühjahr 1984, die rund vier Monate andauerte, hat nach den Eindrücken westlicher Botschaf- ten nicht ausgereicht, die Nachfrage nach einer Auswanderung entscheidend zu dämpfen. Die Motive für die Neigung zur Ausreise sind vielfältig und häufig individuell. Sie sind in den wenigsten Fällen in wirtschaftlichen Erwägungen zu suchen, sondern  – wie der Umgang der Österreichischen Botschaft Berlin mit tausenden Ausreisewilligen pro Jahr zeigt  – ent- weder durch ein irreparables Zerwürfnis des Bürgers mit dem polizeistaatlichen Apparat der DDR bestimmt, der nach patriarchalischen Gesichtspunkten willkürlich gibt und nimmt, belohnt und bestraft. Sehr entscheidend ist auch die psychologische Situation vieler Aus- reisewilliger, vor allem von Eltern mit Kindern. Nicht für sich streben die Eltern die Ausreise an, sondern für ihre Kinder, da sie ihnen eine Entwicklung in einer gesellschaftlichen Umwelt wünschen, in der sie selbst Entscheidung über Fortkommen und Lebensgestaltung treffen können. Dies erklärt auch, warum viele Eltern mit Kindern unter den Ausreisewilligen sind. Dazu kommen noch all jene, die das Opfer der DDR-Propaganda in der Friedens- und Raketenfrage geworden sind und daher aus Kriegsfurcht und Zukunftsangst den einengenden Verhältnissen in der DDR entgehen wollen.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Title
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Subtitle
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Editor
Michael Gehler
Maximilian Graf
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
Location
Göttingen
Date
2018
Language
German
License
CC BY-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35587-5
Size
15.5 x 23.2 cm
Pages
792
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
  2. I. Vorbemerkungen 7
  3. II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
    1. 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
    2. 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
    3. 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
    4. 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
    5. 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
  4. III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
    1. 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
    2. 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
    3. 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
    4. 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
    5. 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
    6. 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
    7. 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
    8. 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
  5. IV. Editorische Vorbemerkungen 99
    1. Verzeichnis der Dokumente 103
    2. Dokumente 111
    3. Abkürzungsverzeichnis 723
    4. Literaturverzeichnis 731
    5. Personenregister 735
    6. Sachregister 773
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