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20./21.8.1987: Vorbereitungsunterlagen Treffen Vranitzky – Mittag Dok. 7
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[…]4
2) Österreichische Anliegen
Möglichst rasche Unterzeichnung des im September 1986 in Berlin paraphierten
Vermögensvertrages5 (neben Finnland war Österreich das erste westliche Land,
mit dem DDR derartigen Vertrag verhandelt hat; der später paraphierte Vertrag
DDR-Schweden konnte mittlerweile unterzeichnet werden). Hinsichtlich des Ver-
trages mit Österreich wurde bislang von DDR-Seite auf noch nicht abgeschlossene
interministerielle Behandlungen verwiesen, sodass ho. vermutet wurde, DDR-
Seite wolle Regelung der offenen Problematik des Schutzes von Herkunftsbezeich-
nungen abwarten.6 Nunmehr liegt Zusage AM Fischers gegenüber Bot. Wun-
Zahlreiche Fachministerbesuche (u. a. BMLV Dr. [Helmut] Krünes in der DDR, Mai 1986,
bzw. DDR-Verteidigungsminister [Heinz] KESSLER in Österreich, Juni 1987); Besuch Ge-
neraltruppeninspektor [Othmar] TAUSCHITZ in der DDR vom 7.–12. September
Einladung an Staatsratsvorsitzenden HONECKER liegt vor.
4 Auf eine Wiedergabe der Auflistung der zahlreichen rezenten Fachministerkontakte wurde
verzichtet.
5 Zum Vermögensvertrag siehe grundlegend Dok. 1, Anm. 44. Im Jahr 1987 wurde zur Pro-
blematik in den einschlägigen vom Leiter der Sektion IV „Rechts- und Konsularsektion“
Botschafter Walter Magrutsch erarbeiteten Vorbereitungsunterlagen für Vranitzky en de-
tail festgehalten: „Nach schleppendem Fortgang (da in allen Grundsatzfragen unvereinbare
beiderseitige Positionen) und mehrjähriger Unterbrechung Neubeginn im Jahr 1984. Nach
7 Verhandlungsrunden über sehr komplexe Thematik wurde am 18. September in Berlin der
‚Vertrag der Regelung offener Vermögensrechtlicher Fragen‘ von den beiden Verhandlungslei-
tern paraphiert. Genehmigung durch österreichischen Ministerrat am 11.11.1988. Globalent-
schädigungssumme: 136,4 Mio. ÖS, etwa 800–1.000 österreichische Anspruchsberechtigte.
Trotz wiederholten Drängens war die DDR-Seite lange zu keiner Terminfestsetzung für Un-
terzeichnungen bereit (‚Prozess der innerstaatlichen Abstimmung noch nicht abgeschlos-
sen‘). Wenngleich formell zurückgewiesen, schien de facto Junktimierungsabsicht bezüglich
laufender Verhandlungen über ein Abkommen betreffend geographische Herkunftsbezeich-
nungen [siehe Anm. 6] gegeben. DDR beansprucht ausschließliches Entscheidungsrecht hin-
sichtlich Herkunftsbezeichnung aus DDR-Gebiet; in Abkommen Österreich-BRD 1981 (bis
heute wegen Nichtkonformität mit EG-Bestimmungen von BRD nicht ratifiziert) waren in
250 Herkunftsbezeichnungen auch 6 Bezeichnungen aufgenommen worden, die eindeutig
DDR-Gebiet betreffen. Bei Gespräch HBM mit DDR-Botschafter am 5. Juni stand nochmalig
Deponierung des österreichischen Wunsches nach ehestmöglicher Vertragsunterzeichnung
im Mittelpunkt: letzter noch offener politischer Vertrag; unverhältnismäßig langer Zeitraum
seit Paraphierung; Österreich erwarte keine ‚Schlechterstellung‘ als Finnland und Schweden
(bisher einzige westliche Staaten, mit denen DDR Vermögensabkommen abgeschlossen hat).
Laut Bericht der ÖB Berlin vom 12.8. will die DDR den Vermögensvertrag anlässlich des Tref-
fens des HBK mit Dr. Mittag und Minister Beil unterzeichnen.“ Kreisky-Archiv, Depositum
Vranitzky, Karton „Staatsbesuche 1987/90, 1991–1996“.
6 Den Unterlagen für Vranitzky liegt eine vom Völkerrechtsbüro (Abteilung I.2) durch Sach-
bearbeiter Dr. Dossi erstellte Information für den Herrn Bundeskanzler vom 11. August 1987
bei: „DDR-Österreich; Verhandlungen über ein Abkommen betreffend den Schutz von Her-
kunftsangaben und anderer geographischer Bezeichnungen“. In dieser wurde festgehalten,
dass die Verhandlungen im November 1986 „aufgrund einer Initiative der DDR“ begannen
und, dass dem in Verhandlung stehenden Vertrag „nach Auskunft der beteiligten Wirtschafts-
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99