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20./21.8.1987: Vorbereitungsunterlagen Treffen Vranitzky – Mittag
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derbaldinger vor, dass Lösung des „letzten Problems (Vermögensvertrages)“ bis
spätestens Anfang August erfolge.
Sollte diese Frage bis zum ggst. Treffen nicht gelöst sein, so wird angeregt, die-
ses für Österreich so wichtige Anliegen zur Sprache zu bringen.7
Bezüglich des Umweltschutzabkommens wird österreichischerseits die parlamen-
tarische Verabschiedung (Ratifikation) erst im Herbst 1987 abgeschlossen sein.8
3) Verhältnis der DDR zum Reformkurs Gorbatschows:
Zwiespältig; der außen- und sicherheitspolitische Teil des Reformkonzeptes wird
gegenüber dem Westen ohne Vorbehalte vertreten. Innen- und wirtschaftspoli-
tisch dagegen Betonung der „Eigenständigkeit“ und „besonderen Bedingungen“
jedes WP-Staates, Absage an „Kopieren“, Hervorhebung der „Bewährtheit des
DDR-Wirtschaftskurses“: Stabilität hat Vorrang vor Experimenten.
kreise österreichischerseits und wohl auch von seiten der DDR kein wirtschaftliches Interesse“
zugrunde liege. „Vielmehr ist die ggstdl. Problematik vor dem politischen Hintergrund zu se-
hen, dass in das Herkunftsabkommen Österreichs mit der BRD (von BRD wegen Nichtkon-
formität mit EG-Bestimmungen noch nicht ratifiziert) sechs Bezeichnungen aufgenommen
wurden, die geographisch dem Gebiet der DDR zuzurechnen sind (z. B.: Thüringer Wurst,
Dresdner Christstollen,…). Die DDR hat großes politisches Interesse daran, dass diese sechs
Bezeichnungen ausschließlich für sie geschützt werden und macht den Abschluss der Ver-
handlungen von Lösungen dieser Frage abhängig. Die kompromisslose Haltung der DDR in
dieser Frage wurde durch informelle Kontakte am Rande von Expertengesprächen i. G. in
Berlin am 27.7.1987 bestätigt. DDR versuchte bisher, eine de-facto-Junktimierung mit dem
Vermögensvertrag (siehe Information i.G. der ho. Sektion IV) herzustellen. Diese ist sachlich
nicht gerechtfertigt. Österreich ist derzeit bemüht, eine Herausnahme der sechs Bezeich-
nungen aus Vertrag mit BRD zu erreichen.“ Kreisky-Archiv, Depositum Vranitzky, Karton
„Staatsbesuche 1987/90, 1991–1996“.
7 Die Unterzeichnung erfolgte am 21. August durch Außenminister Alois Mock und Außen-
handelsminister Gerhard Beil.
8 Gesandter Peter Leitenbauer von der Abteilung III.4 (ECE, Energie, Umweltschutz, Raumord-
nung) erstellte für Vranitzky eine Kurzinformation „Umweltschutzvertrag Österreich – DDR“.
In dieser wurde festgehalten: „Eine Regierungsvorlage betreffend die Ratifikation des am
24. Oktober 1985 in Wien unterzeichneten Vertrages zwischen der Republik Österreich und
der Deutschen Demokratischen Republik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Um-
weltschutzes war dem Nationalrat bereits während der XVI. Gesetzgebungsperiode vorgele-
gen, von diesem aber wegen der dazwischengetretenen Neuwahlen [1986] nicht mehr be-
handelt worden. Eine neue einschlägige Regierungsvorlage wurde dem Parlament Anfang
Juli 1987 zugeteilt. Ihre Behandlung sollte zu Beginn der Herbstsession stattfinden, der Ab-
schluss des österreichischen Ratifikationsverfahrens noch im Laufe dieser Session erfolgen.
Ein von Österreich im Oktober v.J. den DDR-Behörden übermittelter Entwurf eines Ar-
beitsprogrammes zur näheren Durchführung des obigen Vertrages wurde von DDR-Seite
noch nicht kommentiert.“ Kreisky-Archiv, Depositum Vranitzky, Karton „Staatsbesuche
1987/90, 1991–1996“; vgl. auch: Vertrag zwischen der Republik Österreich und der Deutschen
Demokratischen Republik über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Umweltschutzes,
BGBl. Nr. 253/1988.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99