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Nach 1918
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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Page - 191 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit

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27.4.1988: Bericht Botschafter Bauer Dok. 20 191 erkennen, dass die „Gefahr“ derartiger sowjetischer Initiativen in Bonn nicht über- bewertet wird, weil das Politbüro wohl noch für geraume Zeit ganz andere Sorgen haben dürfte. Das sowjetische Unbehagen über die rasante Entwicklung der in- ternen bundesdeutschen Diskussion, der möglicherweise ein Dämpfer aufgesetzt werden sollte, könnte auch das tieferliegende Motiv für den der Botschaft nicht vor- liegenden jüngsten „Prawda“-Artikel „Gefährlicher Archaismus“ gewesen sein.26 Deshalb sollten die beschwichtigenden Versicherungen der Bundesregierung gegenüber ihren Verbündeten glaubwürdig sein, dass ihr „Freiheit vor Einheit“ geht  – die West-Bindung der Bundesrepublik somit als höheres Gut keinesfalls zur Disposition stünde (kein Neutralismus) und eine Wiedervereinigung jedenfalls an die Ausübung des Selbstbestimmungsrechtes durch die DDR gebunden sei (in der stillschweigenden, hier etwas überspitzt formulierten Annahme, das Selbst- bestimmungsrecht könne nur für Pluralismus, Demokratie, Reisefreiheit  – und damit die BRD und den Westen  – ausfallen). Gerade hier setzt aber Egon Bahrs Kritik ein: Selbstbestimmungsrecht und NATO-Mitgliedschaft sind für ihn ein- ander ausschließende Widersprüche, woraus sich angesichts des zu erwartenden Fortbestehens der Bündnisse jedenfalls für die voraussehbare Zukunft, d. h. min- destens in die ersten Jahrzehnte des nächsten Jahrtausends hinein, keine Wieder- vereinigungsansätze ergeben werden. Und so wird die theoretische Diskussion um Neutralismus, Deutschland- und Ostpolitik sowie West-Bindung noch lange fortgeführt werden können, obwohl oder gerade weil die überwiegende Mehrheit der bundesdeutschen Politiker al- ler Parteien heute keine konkreten Aussichten auf Wiedervereinigung sieht. Es geht in Wirklichkeit nur um die Aufrechterhaltung von Wiedervereinigungs- ansprüchen, derer man sich international nicht verschweigen möchte; im übrigen soll die deutsche Frage durch pragmatische Schritte zur Aufrechterhaltung und Verbesserung der Kontakte und Beziehungen zwischen den Menschen, was in Bonn als Voraussetzung für die Erhaltung eines einheitlichen Nationalgefühls betrachtet wird, offengehalten werden. In dieser praktischen Ausformung der Politik hat seit 1982 „keine Wende“ stattgefunden.27 Der Botschafter: Bauer m. p. 26 Der Prawda-Artikel liegt auch dem Akt nicht bei. Für die deutsche Übersetzung siehe: Re- vanchismus unvereinbar mit dem neuen Denken. Von W.  Michailow, „Prawda“, in: Neues Deutschland, 26. April 1988, S. 2. Dort stand zu lesen: „Wie archaisch und gefährlich diese Thesen sind, die vom Geist der militärpolitischen Konfrontation geboren wurden, ist jetzt be- sonders deutlich geworden: Sie sind unvereinbar mit dem neuen Denken, mit seiner Priorität des Friedens und der internationalen Zusammenarbeit.“ 27 In der Bundesrepublik war im Herbst 1982 ein Regierungswechsel erfolgt. In der Koalition von SPD und FDP kam es zum Bruch. Durch ein Misstrauensvotum am 1. Oktober 1982 stürzte die FDP gemeinsam mit der CDU / CSU Bundeskanzler Helmut Schmidt und wählte Helmut Kohl zum neuen Bundeskanzler. Neuwahlen am 6. März 1983 verschafften der CDU / CSU-FDP- Koalition eine deutliche Mehrheit im Deutschen Bundestag. Vgl. dazu auch Dok. 1, Anm. 23.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Title
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Subtitle
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Editor
Michael Gehler
Maximilian Graf
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
Location
Göttingen
Date
2018
Language
German
License
CC BY-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35587-5
Size
15.5 x 23.2 cm
Pages
792
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
  2. I. Vorbemerkungen 7
  3. II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
    1. 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
    2. 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
    3. 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
    4. 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
    5. 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
  4. III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
    1. 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
    2. 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
    3. 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
    4. 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
    5. 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
    6. 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
    7. 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
    8. 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
  5. IV. Editorische Vorbemerkungen 99
    1. Verzeichnis der Dokumente 103
    2. Dokumente 111
    3. Abkürzungsverzeichnis 723
    4. Literaturverzeichnis 731
    5. Personenregister 735
    6. Sachregister 773
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