Page - 210 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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14.–16.6.1988: Aktenvermerk Gesandter Sucharipa
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Dok. 23
rung durch konventionelle Rüstung. Zum Thema KSZE wies der HBK auf die Not-
wendigkeit verstärkter Bemühungen jener Staaten hin, die das Wiener Folgetref-
fen nunmehr zu einem positiven Abschluß bringen wollen. Insbesondere ginge es
darum, auch Rumänien zu einer positiven Haltung zu bewegen. Der HBK dankt
der DDR für ihre positive Haltung in der Frage der Abhaltung der Abrüstungs-
folgeveranstaltungen in Wien.9
B) Bilaterales
Zu bilateralen Wirtschaftsfragen fanden vor den Delegationsgesprächen Unter-
redungen von Bundesminister Streicher mit Außenhandelsminister Beil statt,
in deren Verlauf auch die Vertreter der österr. Firmen zugezogen wurden. Hie-
bei wurde Einigung über die Fortführung der jährlichen wirtschaftlichen Rah-
menvereinbarungen (Abschluß der diesjährigen Vereinbarung ist im Herbst vor-
gesehen) erzielt und konkrete Firmenprojekte dargestellt.10
Im Delegationsgespräch verwies der HBK auf die große Anerkennung und
Wertschätzung, mit der Österreich die seit Jahren von der DDR geführte Wirt-
schafts- und Handelspolitik verfolge, die die Entwicklung reger Exportgeschäfte
der österr. Wirtschaft mit der DDR fördere. Österreich sehe darin nicht nur eine
kommerziell bestimmte Zusammenarbeit, sondern auch den Ausdruck einer poli-
tischen Grundsatzlinie. Zur weiteren Verbesserung dieser Handels- und Wirt-
schaftsbeziehungen stellte der HBK in allgemeiner Form entsprechende österr.
Maßnahmen auf dem Gebiet der Einfuhrabgaben in Aussicht (für Uruguay-
Runde11 geplante Zollsenkungsformel, die im Wege des GATT-Ausdehnungs-
gesetzes 197012 auch der DDR zugute kommen wird). Der HBK verwies auf den
9 Handschriftliche Randnotiz: II.7. Damit waren die im KSZE-Rahmen stattfindenden und
schließlich im Frühjahr 1989 aufgenommen „Wiener Gespräche“ gemeint. Es handelte es sich
um die Verhandlungen über Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE) und über „Vertrau-
ens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen“ (VSBM). Siehe dazu bereits Dok. 20, Anm. 10.
10 Handschriftliche Randnotiz: III.1. Der Abschluss erfolgte im Oktober. Bericht über die Be-
ratungen des Mitglieds des Politbüros und Sekretärs des ZK der SED, Genossen Günter Mit-
tag, am 20. und 21. Oktober 1988 in Österreich, in: Arbeitsprotokoll der Sitzung des Polit-
büros des Zentralkomitees vom 25. Oktober 1988 (Protokoll Nr. 43/88), SAPMO-BArch,
DY 30/J IV 2/2A/3167, Bl. 81–88.
11 Die sogenannte „Uruguay-Runde“ war die achte im Rahmen des GATT durchgeführte Welt-
handelsrunde (1986–1994), die mit der Schlussakte von Marrakesch über die Ergebnisse der
multilateralen Handelsverhandlungen (die sogenannten Marrakesch-Abkommen) endete. In
dieser Verhandlungsrunde verlagerten die Industrieländer ihren Fokus erstmals von der Li-
beralisierung des Warenhandels auf den sogenannten „Handel mit Dienstleistungen“ und
den Schutz geistigen Eigentums. Die Entwicklungsländer dagegen forderten einen besseren
Marktzugang für ihre Produkte, insbesondere Textilien und Agrarprodukte, in den Industrie-
ländern. Weitere Verhandlungen beinhalteten institutionelle Reformen, welche die Gründung
der Welthandelsorganisation (WTO) zur Folge hatten.
12 Handschriftliche Randnotiz: III.3. Mit dem „GATT-Ausdehnungsgesetz“ räumte Österreich
Staaten, die nicht dem GATT angehörten, einseitig die gleichen Vorzugszollsätze ein. Österreich
versuchte dadurch seine neutrale Positionierung zu unterstreichen. Dies führte auf dem Ge-
biet der Zölle zur Gleichbehandlung von GATT- und Nicht-GATT-Staaten. Vgl. Bundesgesetz
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99