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7.12.1988: Bericht Gesandter Graf
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Dok. 32
4. Weitere Ausgestaltung des sozialistischen Rechtsstaates
Im Sinne dieser Überschrift bereitet der Ministerrat Vorschläge über die gericht-
liche Nachprüfung bei bestimmten Verwaltungsentscheidungen vor. Anmer-
kung: Diese Verordnung soll angeblich noch im Dezember veröffentlicht werden,
der Zeitpunkt des Inkrafttretens ist noch unbekannt, eine separate Berichterstat-
tung darf vorbehalten bleiben.
5. XII. Parteitag
Der XII. Parteitag der SED wird für die Zeit vom 15. bis 20. Mai 1990 einberufen.
Dieser (um ein Jahr vorverlegte)
Termin war seit Monaten ein offenes Geheimnis.
Nicht unüblich ist, daß das ZK gleich die Tagesordnung für den XII. Parteitag im
Mai 1990 beschlossen hat. Neu ist allerdings, daß bereits jetzt bekannt gegeben
wurde, daß der Parteitag durch den dann 75-jährigen Genossen Horst Sinder-
mann eröffnet wird. Berichterstatter wird ein gewisser dann 77-jähriger Erich
Honecker sein und der dann (erst) 74-jährige [sic!] und herzkranke Volkskam-
merpräsident Horst Sindermann wird als Hauptredner auftreten.
Damit hat Erich Honecker bestätigt, daß er die Führung von Staat und Par-
tei nach wie vor fest in seinen Händen hält. Mit Blickrichtung auf 1989 hat er die
Erfolge der DDR für dieses Jubiläum (40-jähriges Bestehen des Staates) stark her-
ausgestrichen. Fehler und Versäumnisse werden nicht nur kaum eingestanden,
sondern auch tatsächlich nicht gesehen. Tatsache bleibt, daß die DDR im öst-
lichen Bündnissystem nicht nur der wirtschaftlich stärkste Partner, sondern (der-
zeit noch?) auch der politisch stabilste ist. Eine Destabilisierung von außen muß
Erich Honecker nicht fürchten: Dem großen Bruder im Osten käme zu diesem
Zeitpunkt dieses wohl mehr als ungelegen. Aber auch die BRD und der Westen
müssen an der Stabilität der DDR interessiert sein.
Die entwickelte innere Sicherheit in der DDR garantiere die innere Stabilität
voraussichtlich noch auf Jahre hinaus. Allenfalls wird punktuell auf kulturellem
Gebiet zeitweilig das Ventil geöffnet.
Graf
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99