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26.6.1989: Gespräch Mock – Horn
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Dok. 45
Dok. 45: Gespräch Mock – Horn, 26.6.1989
Amtsvermerk, Botschafter Erich Maximilian Schmid, Wien, 28. Juni 1989, ÖStA, AdR, II-Pol 1989, GZ. 222.18.23/35-II.
SL/891
Offizieller Besuch von AM Horn; Gespräche mit HBM,2 26.6.1989; Internationale
Themen
Internationale Fragen wurden während des Arbeitsfrühstücks und des Arbeits-
gespräches am 26.6.1989 erörtert. Dabei wurden folgende Themen angeschnitten:
l. Westeuropäische Integration:
1.1 Ungarische Teilnahme: Für AM Horn sind europäische Integrationsprozesse
aus „objektiven Gründen“ zustandegekommen. Er zeigte sich besorgt über eine
mögliche Abschottung nach außen, v. a. seitens der EG. Allerdings gebe es inner-
halb der 12 keine einheitliche Haltung zu Nicht-Mitgliedern, v. a. Osteuropa.
Ungarn strebe kurzfristig ein Abkommen über Zollpräferenzen mit der EG an, wie
es Jugoslawien habe,3 und mittelfristig ein echtes Freihandelsabkommen (hiezu
wäre aber eine vorhergehende Liberalisierung der ungarischen Wirtschaftsord-
nung und die Konvertibilität des Forint erforderlich). Gleichzeitig wolle Ungarn
seine Zusammenarbeit mit der EFTA intensivieren, wobei es sich eine gemein-
same Erklärung wie die gegenüber Jugoslawien vorstellen könne. Ein Sonderfonds
der EFTA für Ungarn sollte geschaffen werden (Größenordnung 80–100 Mio.
Dollar), was realistischerweise zwar nicht „die Sanierung“ der ungarischen Wirt-
schaft bewirken könnte, aber doch Impulse für viele Unternehmen geben würde.
Was den Europarat betreffe, sei Ungarn über die erreichte Annäherung zufrieden
und hinsichtlich einer Vollmitgliedschaft „nicht ungeduldig“.4
1 Der vom Leiter der Sektion II im BMAA, Schmid, genehmigte Aktenvermerk erging an
den Bundesminister, den Generalsekretär, die Sektionen III und IV, die Gruppe I.A, alle Ab-
teilungen der Sektion II sowie an die österreichischen Auslandsvertretungen gemäß Liste
„KSZE“.
2 Alois Mock.
3 Jugoslawien und die EG hatten am 2. April 1980 ein Kooperationsabkommen unterzeichnet,
das einen Quantensprung in der wirtschaftlichen Kooperation zwischen Belgrad und Brüssel
bedeutete. Das neue Abkommen sah die Abschaffung von Zöllen für 70 % der jugoslawi-
schen Industrieprodukte bis 1984 vor. Die Zollfreiquote für Kalbfleisch wurde von 13.000 auf
35.000 Tonnen angehoben. Ebenso erfolgte eine Erhöhung für Tabak, Wein und Kirschen.
Jugoslawische Industrieprodukte – mit der Ausnahme von 29 Waren wie Düngemittel, Tex-
tilien, Cellulose und einige Stahlprodukte – wurden fortan ohne Quoten und Zoll gehandelt.
Zudem erhielt Jugoslawien 200 Millionen Dollar an Investitionsmitteln zugesagt. Die jugo-
slawischen Arbeiter sollten keine Diskriminierung aufgrund ihrer Nationalität, im Vergleich
zu Staatsbürgern der Mitgliedstaaten, erfahren.
4 Am 8. Juni 1989 war Ungarn der Beobachterstatus im Europarat gewährt worden.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99