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Nach 1918
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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Page - 273 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit

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26.6.1989: Bericht Botschafter Wunderbaldinger Dok. 46 273 von Leuten, die früher das Wort Sozialismus nicht einmal aussprechen konnten, verbirgt sich nur zu offensichtlich, dass sie die Rückkehr zu bürgerlichen Verhält- nissen anpreisen. Den Gegnern des Sozialismus wird es nicht gelingen, den Kom- munismus einzudämmen, den Sozialismus zu beseitigen.“). Man habe kein Recht, die Jugend der DDR in der Illusion aufwachsen zu lassen, es gebe keine Feinde mehr in dieser Welt und der Klassenkampf sei beseitigt. Revolutionäre Erzie- hung, Erziehung zu Kämpfern sei vonnöten. Denn unter dem Motto der Vielfalt versuchten Konterrevolutionäre ihr Süppchen zu kochen. Dies müsse man der Jugend noch besser vom Klassenstandpunkt aus erklären. „Da alle dem Sozia- lismus feindlichen Kräfte erneut auf den Plan getreten sind, um den Sozialismus aufzuhalten, braucht diese Zeit eine Jugend, die kämpfen kann, die den Sozialis- mus verteidigt  – wenn nötig mit der Waffe in der Hand.“ Neue Klassenkämpfe seien vorprogrammiert. Hinter glitzernden Fassaden zeigen sich immer deutli- cher Fäulniserscheinungen einer niedergehenden Gesellschaft, die die Leninsche Erkenntnis bestätigen, dass der Imperialismus das höchste und letzte Stadium des Kapitalismus sei. Hiesige Pädagogen, die an dem Kongress nicht teilnahmen, konnten nur sto- isch resigniert den Kopf schütteln, wenn sich der Kongress selbst bescheinigte, dass er sich in „Ehrlichkeit und Offenheit konstruktiv und kritisch den Erforder- nissen der Gegenwart und Zukunft gestellt hat“. Selbst für hiesige Verhältnisse war es für Schriftsteller ein sprachlicher (und auch gedanklicher) Rückfall in vergangene Zeiten. Denn gerade der Schriftsteller-Kongress3 hat im vergange- nen Jahr gezeigt, dass es auch anders in der DDR geht. Sicherlich auch vor dem Kongress war bekannt, dass die oberste „Pädagogin“ der DDR seit nunmehr über 25 Jahren unnachgiebig die reine realsozialistische Lehre hütet. Bestürzt ist der Beobachter und auch etliche der Pädagogen, die nicht zum Kongress geladen wa- ren, dass Margot Honecker gerade kurz nach der militärischen Niederschlagung des Protestes in Peking4 zur Verteidigung des Sozialismus mit der Waffe in der Hand aufruft. Diese orthodox-dogmatische Haltung gerade in einem für die Ju- gend so zentralen Bereich steht zum Teil auch im Widerspruch mit Denken und Überlegungen im mittleren Bereich der SED, wo dem „Imperialismus“ Friedens- fähigkeit zugestanden wird. Selbst das für diesen Ideologiestaat DDR so wichtige Feindbild wird in Parteikreisen in Überlegungen einbezogen. Margot Honecker steht mit ihrem Festhalten und Unterstreichen des Feindbildes „Imperialismus“ in bester Gesellschaft von harten Militärkreisen. Politischer Wandel hat in vie- len Köpfen der DDR (und darunter nicht wenige Mitglieder der SED bis in den mittleren Bereich) begonnen. Nicht dekretiert wird er allerdings im so wichtigen zentralen Bereich der Schule und Ausbildung. 3 Der X. Schriftstellerkongress der DDR fand von 24. bis 26. November 1987 in Ost-Berlin statt. 4 Am 3. und 4. Juni 1989 hatte die chinesische Führung die Proteste am Tiananmen-Platz durch das Militär gewaltsam und blutig niederschlagen lassen. Die SED rechtfertigte das Vorgehen der chinesischen Führung.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Title
Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Subtitle
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
Editor
Michael Gehler
Maximilian Graf
Publisher
Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
Location
Göttingen
Date
2018
Language
German
License
CC BY-ND 4.0
ISBN
978-3-666-35587-5
Size
15.5 x 23.2 cm
Pages
792
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
  2. I. Vorbemerkungen 7
  3. II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
    1. 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
    2. 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
    3. 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
    4. 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
    5. 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
  4. III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
    1. 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
    2. 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
    3. 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
    4. 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
    5. 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
    6. 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
    7. 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
    8. 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
  5. IV. Editorische Vorbemerkungen 99
    1. Verzeichnis der Dokumente 103
    2. Dokumente 111
    3. Abkürzungsverzeichnis 723
    4. Literaturverzeichnis 731
    5. Personenregister 735
    6. Sachregister 773
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