Page - 280 - in Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 - Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
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13./14.7.1989: Aktenvermerk Gesandter Sucharipa
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Dok. 48
BB: Gorbatschow war der erste sowjetische Führer, der verkündete, dass
Reformen, die die internationale Lage positive beeinflussen sollten, im Inneren
beginnen müssten. „Abrüstung geht nicht ohne wirtschaftliche Reformen.“ In der
Sowjetunion: Arbeitsmarktprobleme durch Abrüstung! BB würdigt die Rolle
Österreichs („friedliebendes Land“) bei Abrüstungsaktivitäten und im Umwelt-
schutz.
Gorbatschows Rede in Straßburg:17 „Warnklausel“ an westliche, insbesondere
NATO-Staaten enthalten: „Überwindung der Teilung Europas darf nicht mit
Überwindung des Sozialismus verwechselt werden. Wir verzichten nicht auf den
Sozialismus als Gesellschaftssystem.“
Gorbatschow-Besuch in der BRD:18 schlägt
– zusammen mit dem Kohl-Besuch
in der Sowjetunion 198819 – eine neue Seite in den bilateralen Beziehungen auf.
Die BRD ist für die Sowjetunion „einer der schwierigsten Partner“. „Wir müssen
einen Strich unter die Vergangenheit ziehen, auch wenn sie sich manchmal in Er-
innerung bringt; sie muss bewältigt werden.“ Die zwei Millionen Deutschen in
der Sowjetunion sind auch ein Resultat der Vergangenheit. „Unser Gedächtnis
vermerkt mit Dankbarkeit ihre Leistungen, ihre Ehrlichkeit, ihren Fleiß.“
Keiner von ihnen hat Russland verlassen, als es nach 1917 dazu die Möglich-
keit gab.
Der herzliche Empfang Gorbatschows durch die Bevölkerung ist ein Vertrauens-
zeichen.
CSU-Chef Waigels20 Äußerungen zu den Gebieten östlich von Oder und Neiße:
Waigel versucht, die Republikaner21 rechts zu überholen. F. J.
Strauß22 würde mit
stimmen zur Kenntnis genommen. Die Rede Gorbatschows im Europarat fand am 6. Juli 1989
statt und war der erste Auftritt eines osteuropäischen Staatschefs bei dieser europäischen Staa-
tenorganisation und einer der Höhepunkte in dessen 40jährigen Gründungsjubiläum. Siehe
hierzu auch Ludwig Steiner, Diplomatie und Politik. Ein Leben für die Einheit Tirols. Ein
Leben für Österreich 1972–2007, Innsbruck / Wien 2008, S. 166–169.
17 Gorbatschow hatte am 6. Juli 1989 eine Rede vor dem Europarat gehalten in der er ausführte:
„Die Schwierigkeit liegt jedoch eher woanders, und zwar in der überaus stark verbreiteten
Überzeugung (sogar in der politischen Zielsetzung), wo man unter der Überwindung der
Spaltung Europas an die ‚Überwindung des Sozialismus‘ denkt.“ Vgl. Ansprache des sowje-
tischen Staats- und Parteichefs Michail Gorbatschow in: Deutscher Bundestag – 11. Wahl-
periode, Zweiter Teil der 41. Sitzungsperiode vom 6.–7. Juli 1989, Drucksache 11/6075.
18 Siehe Dok. 41–44.
19 Bundeskanzler Helmut Kohl besuchte vom 24. bis 27. Oktober 1988 offiziell die UdSSR. Für
die österreichische Einschätzung des Besuchs siehe Dok. 29, Anm. 2.
20 Theodor Waigel, Bundesminister für Finanzen der Bundesrepublik Deutschland (1989–1998)
und Vorsitzender der CSU (1988–1999), siehe Personenregister mit Funktionsangaben.
21 Bei den „Republikanern“ (REP) handelt es sich um eine 1983 in München gegründete Partei.
Bei den Europawahlen im Juni 1989 schaffte sie mit 7,1 Prozent der Stimmen den Einzug ins
Europäische Parlament. Bei den Wahlen zum Abgeordnetenhaus von Berlin am 28. Januar
1989 erreichte die Partei 7,5 Prozent der Stimmen.
22 Franz Josef Strauß, Ministerpräsident Bayerns (1978–1988), siehe Personenregister mit Funk-
tionsangaben.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99