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9.7.1990: Information Gesandter Plattner
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Dok. 159
nordatlantische Allianz“2 verabschiedet (entscheidender Beitrag durch USA), wel-
che nachstehende wesentliche Punkte enthält:
– Erklärung spricht von einer neuen Ära in Europa und enthält Bekenntnis zu
stärkerer politischer Rolle der Allianz und zu neuer Partnerschaft mit allen euro-
päischen Staaten.
– Angebot an WP-Staaten, eine Gemeinsame Deklaration betreffend Ende des
Antagonismus und Gewaltverzicht zu unterzeichnen.
– Angebot an Präs. Gorbatschow und Vertreter der anderen WP-Staaten, vor
dem Nordatlantischen Rat in Brüssel zu sprechen und Anregung der Aufnahme
regelmäßiger diplomatischer Kontakte.
– Eintreten für CFE-I-Abkommen (sowie auch ein CSBM-Paket) noch 1990. Be-
kenntnis zu Folgeverhandlungen und weiteren Abrüstungsschritten.3
– Bei Abschluss CFE-I wird Zusicherung betreffend Höchststärke der deut-
schen Streitkräfte abgegeben werden. Geeintes Deutschland innerhalb der NATO
stellt unverzichtbaren Faktor der Stabilität dar.
– Allianz wird derzeitige Militärstruktur und Strategie überprüfen (Ersetzung
der Vorne-Verteidigung durch reduzierte Vorne-Präsenz, Modifizierung der „fle-
xible response“).4
– Vorschlag an SU der gegenseitigen Eliminierung von Nuklear-Artillerie-
Geschoßen in Europa.
– Vorschlag neuer Verhandlungen USA – Sowjetunion über Reduzierung der
Kurzstreckenwaffen nach Abschluss von CFE-I.
– NATO wird Nuklearwaffen nur als letzten Ausweg (last resort) einsetzen
(siehe oben: modifizierte „flexible response“)
2 Während dieses Treffens der Staats- und Regierungschefs der NATO-Staaten in London
wurde eine Erklärung abgegeben, die auf eine Umgestaltung des atlantischen Bündnisses auf-
grund der geänderten Lage in Europa verwies. Siehe: Europa Archiv 1990, D 456–460. Zum
Verlauf siehe: Ortez des stellvertretenden Referatsleiters 012, Trautwein, 11. Juli 1990 (= Do-
kument 128), in: Die Einheit, S. 609–613; Gesprächsunterlagen des Bundeskanzlers Kohl für
das Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs der Mitgliedstaaten der NATO, London,
5./6. Juli 1990 (= Dokument 344–344I), in: Deutsche Einheit, S. 1309–1323. Der politische
Botschaftsrat der US-Botschaft in Wien, Joe Snyder, unterrichtete das Wiener Außenamt
bezüglich der neuen NATO-Strategie, vgl. Aktenvermerk betreffend geänderter Nordatlan-
tikpakt, Vorsprache von BR Snyder, Wien, 9. Juli 1990, ÖStA, AdR BMAA, II-Pol 1990,
GZ. 701.01/26-II.9/90.
3 Die KSZE-Staaten starteten im Frühjahr 1989 die „Wiener Gespräche“. Sie verhandelten über
Konventionelle Streitkräfte in Europa (KSE, hier im Dok. in der englischen Abkürzung CFE)
und über „Vertrauens- und Sicherheitsbildende Maßnahmen“ (VSBM, hier im Dok. in der eng-
lischen Abkürzung CSBM). Siehe dazu bereits Dok. 20, Anm. 10.
4 Vorneverteidigung bzw. auch vorgeschobene Verteidigung oder Vorwärtsstrategie war ein
strategisches Konzept der NATO zur Verteidigung Mitteleuropas gegen einen Angriff des
Warschauer Pakts. Vorgesehen war im Falle eines Angriffs eine grenznahe, zusammenhän-
gende aber nicht statische Verteidigung.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99