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3.9.1990: Bericht Gesandter Sajdik Dok. 169
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„Die Deutschen müssen verstehen, dass durch die Währungsunion für uns al-
les teurer wurde, man sogar das Taggeld der einfachen Soldaten nun in Westmark
zahlen muss. Natürlich wollen wir für die Infrastruktur, die wir hinterlassen wer-
den, wie Unterkünfte, Flughäfen etc. eine ordentliche Ablöse erzielen“, erklärte
unter Bezugnahme auf den Waigel-Besuch in der Vorwoche der sowjetintern
für die Verhandlungen zuständige stellvertr. Finanzminister, Sytnin,14 gegenüber
dem Gefertigten. Sytnin gab sich ferner verärgert über die ungarische Verhand-
lungsposition bei den „Ablöse“-Gesprächen und verwies insbesondere auf den
hochmodern ausgerüsteten SU-Militärflughafen bei Budapest sowie auf das so-
wjetische Spital in der ungarischen Hauptstadt, das sich, so Sytnin, sehr für ein
Joint Venture eignen würde. Auf den Einwand des Gefertigten, die SU fordere von
der Mongolei keine Zahlungen für dort – in der Wüste Gobi – zurückgelassene
Militärobjekte, meinte Sytnin: „von den Mongolen ist sowieso nichts zu holen“.
Das SU-AM ließ durchblicken, es gebe sowjetintern einige Unstimmigkeiten,
vor allem hinsichtlich der Festlegung der Orte, in denen die für die „Heimkehrer“
zu bauenden Wohnungen (500.000m2/Jahr) errichtet werden sollen. Für die deut-
schen Bauunternehmen, welche die deutsche Verhandlungsdelegation beraten, sei
es, so die BRD-Botschaft, schwer, präzise Kostenkalkulationen aufzustellen, ohne
die Infrastruktur zu kennen.
Offen ist auch die Höhe der deutschen Zahlungen für die Stationierung der
SU-Streitkräfte (SU-Forderung: 2,5 Mrd. DM / Jahr).15 Für alle sich aus dem Über-
leitungsvertrag ergebenden Fragen, so auch die Bewertung der Militärobjekte,
müsste nach Ansicht des SU-AM eine gemischte su-dt.16 Kommission gegründet
werden. Der Stationierungsvertrag hätte seinerseits nach SU-Ansicht Regelungen
zu folgenden Fragen zu beinhalten: Desertion von SU-Soldaten, Abhaltung von
Manövern der SU-Truppen.
Sajdik
14 Der vollständige Name konnte nicht ermittelt werden. Es gibt in dieser Zeit auch keinen stell-
vertretenden Finanzminister dieses Namens. Wir danken Peter Ruggenthaler und seinen
Moskauer Kollegen für die Unterstützung bei der Recherche.
15 Siehe dazu Dok. 167, Anm. 12.
16 sowjetisch-deutsche.
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Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Title
- Österreich und die deutsche Frage 1987–1990
- Subtitle
- Vom Honecker-Besuch in Bonn bis zur Einheit
- Editor
- Michael Gehler
- Maximilian Graf
- Publisher
- Vandenhoeck & Ruprecht Verlage
- Location
- Göttingen
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-666-35587-5
- Size
- 15.5 x 23.2 cm
- Pages
- 792
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Einleitung: Österreich und die deutsche Frage 1945–1990 7
- I. Vorbemerkungen 7
- II. Ausgangsbedingungen und Vorgeschichte: Von der „doppelten Staatsgründung“ zur Perpetuierung deutscher Zweistaatlichkeit (1949–1987) 11
- 1. Die Entwicklung bis zum Entscheidungs- und Zäsurjahr 1955 11
- 2. Gescheiterte Vermittlungsversuche (1958–1963) 19
- 3. Die Entwicklung bis zum Grundlagenvertrag 1972 23
- 4. Österreich, die europäische Integration und die Anerkennung der DDR im Zeichen der Entspannung (1961–1972) 28
- 5. Das Verhältnis Österreichs zu den beiden deutschen Staaten bis zum Bonn-Besuch Honeckers (1972–1987) 32
- III. Österreich und die deutsche Frage 1987–1990 38
- 1. Österreich und die scheinbare Stabilität des SED-Regimes 38
- 2. Die Grenzöffnung im Kontext der Langzeitentwicklungen und ihre direkten Folgen 43
- 3. Österreichs Annäherungen an das gemeinschaftliche Europa, die Bundesrepublik und die deutsche Frage 50
- 4. „Mauerfall“ und „Wiedervereinigung“: Die Haltung Österreichs bis Ende 1989 63
- 5. Österreich und die deutsche Frage Anfang 1990 75
- 6. Der Einigungsprozess und seine internationale Durchsetzung aus österreichischer Sicht 86
- 7. Österreichs Abschied von der DDR 92
- 8. Österreich, die deutsche Einheit und der Weg nach Europa – Bilanz und Ausblick 95
- IV. Editorische Vorbemerkungen 99