Page - 32 - in FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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âNehmen Sie einen Fall, den keiner knacken kann.â
Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum
Aus der interdisziplinÀren Forschung zum Sport ist der Name Michel Foucault
nicht mehr wegzudenken1; insbesondere der Literaturwissenschaft vermag das
publizierte Ideen- und Gedankenreservoir Foucaults neue RĂ€ume und Zu-
sammenhĂ€nge zu (er)öffnen.2 Im RĂŒckgriff auf Foucault lassen sich abseits der
modischen Begriffszirkulation gerade die vorgeblich fest gefĂŒgten diskursiven
Formationen des literarisierten Boxens wie auch die durch Boxen mitprodu-
zierten und mitkonstituierten Denk- und Wahrnehmungsweisen nachhaltig
verunsichern. Die Analyse des in zahllosen Formationen komplex verkoppelten
Boxens als Ausgangspunkt und Gegenstand differenzierten Nachdenkens lÀsst
sich mit Foucault a priori als allgemeinster Ausdruck eines Erkenntnisinteres-
ses legitimieren. Ein vermeintlich wertloses Artefakt wie die Karteikarte, merkt
Foucault in Ăberwachen und Strafen an, sei von âHistorikern wenig gefeiertâ3
worden. Boxen, die âvulgĂ€re PrĂŒgeleiâ4, ist ebenfalls der Analyse wert. Seine BĂŒ-
cher apostrophiert Foucault als âWerkzeugkistenâ5, in denen Schraubenzieher
und Bolzenzangen zur Analyse von Machtsystemen verborgen seien.6 Am weit-
hin ignorierten Gegenstand des literarisierten Boxens soll demgemÀà ebenfalls
geschraubt und geschnitten werden â durchaus in Form eines âNahkampf[s] mit
den Dispositivenâ7.
Den folgenden Seiten liegt eine explizit von Foucault inspirierte Litera-
turanalyse zugrunde, die Gang und Gliederung der Betrachtung bestimmt. Die
Wort- und Gedankengebirge Foucaults sollen aber nicht nur durchstiegen, son-
dern dessen Methoden und implizite Hypothesen auf konkrete Fragestellungen
hin beleuchtet und auf mögliche neue Anhaltspunkte ausdifferenziert werden.
Zu den bezweckten Forschungszielen zĂ€hlt das ââMehrâ von Dispositivanaly-
senâ8, basierend auf einem diskursanalytischen Vorgehen: Das in vielfĂ€ltig lite-
rarischer Form manifeste Boxen wird zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu einer
1 Vgl. Reinhart 2008, S. 439; Caysa 1997, S. 123â181
2 Vgl. GeisenhanslĂŒke 2007, S. 69ff
3 Foucault 1977a, S. 363
4 Uzarski 1930, S. 58
5 Foucault 2002, S. 887
6 Vgl. ebd., S. 888
7 Agamben 2008, S. 29
8 BĂŒhrmann, Schneider 2008, S. 18
FAUST UND GEIST
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Title
- FAUST UND GEIST
- Subtitle
- Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
- Author
- Wolfgang Paterno
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2018
- Language
- German
- License
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20545-6
- Size
- 16.1 x 25.5 cm
- Pages
- 446
- Keywords
- Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
- Categories
- Geschichte Nach 1918
Table of contents
- Grundlagen 15
- Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
- Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂŒberblick 29
- Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
- Forschungsberichte: LĂŒckenhafte Spurenlage 45
- Haupt- und NebenschauplÀtze: Epochensymptom 53
- Ringfeldsichtung 113
- Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
- Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten ErzÀhlliteratur 160
- âZeitfigurâ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
- Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
- ZUSAMMENFASSUNG 389
- ANHANG
- Bibliografie 402
- Bildnachweis 438
- Dank 439
- Namensregister 440