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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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Boxen als ein exotisches Phänomen in der deutschen Provinz anno 1927, in der die Menschen, bedroht von Inflation und Arbeitslosigkeit, um ihr wirtschaftli- ches Überleben kämpfen: Vier Männer ziehen in der Notzeit nach dem Ersten Weltkrieg als Sänger für wenig Geld durch fränkische Dörfer. Die Wandlung der Susanne Dasseldorf nähert sich Boxen im Rückblick auf die historische Früh- zeit des Faustkampfs. Zeitgeschichte und Romanhandlung verlaufen parallel: Nach dem Waffenstillstand von Compiègne rückt die für das rheinlandpfälzi- sche Koblenz abkommandierte US-Besatzungsarmee Mitte Dezember 1918 in die Stadt ein8; da die „amerikanische Besetzung nach dem verlorenen Weltkrieg weder in der allgemeinen Kriegs- und Nachkriegsliteratur noch in der histori- schen Forschung bisher umfassend dargestellt wurde“9, hält Alexandra Pletten- berg-Serban fest, entwerfe Die Wandlung der Susanne Dasseldorf eine „einmalige Perspektive auf die deutsche Geschichte nach dem Ersten Weltkrieg“10. Im Ro- man quartieren sich amerikanische Soldaten auf dem Grundstück der Familie Dasseldorf ein. Als ehemalige Grund- und Häuserbesitzer sowie Fabrikanten von Militärzubehör fürchtet die Familie um ihr Vermögen11; den Besatzern be- gegnet man reserviert bis feindselig: „Die Deutschen, die sich mit den Leuten abgeben, sollten sich schämen. Wir leben nur im Waffenstillstand mit ihnen. Und gerade die Amerikaner, die schuld sind, daß wir den Krieg verloren ha- ben!!“12 Boxen nimmt erst gegen Ende des Romans breiten Raum ein. Susanne, die Tochter des Hauses, liest Sportfachblätter, besucht Boxveranstaltungen und ist in Peter, den Gärtnersohn und angehenden Boxer, verliebt – verbotenerweise, da die aufkeimende Beziehung zwischen Bürgerstochter und Arbeitersohn an Standesdünkel rührt.13 Im Ochsenfurter Männerquartett spielt sich Boxen weitestgehend im Privaten (und in provinziellem Umfeld) ab, auch wenn die erzählte Zeit des Romans das Jahr 1927 ist, in dem Boxen in den großstädtischen Zentren längst Teil der Unterhaltungsindustrie ist. Thomas, der Sohn eines Mitglieds des singenden Männerquartetts, erhält Besuch von Hanna, in die er verliebt ist: Als Hanna am Nachmittag in den Garten kam, stand Thomas, bekleidet nur mit einer weiten, weißen Kniehose und Boxhandschuhen, in einem dieser Zimmer, in dem sich nichts als ein Sandsack befand, der in der Mitte von der Decke hing. […] 8 Vgl. Plettenberg-Serban, Mettmann 2006, S. 350ff 9 Ebd., S. 511 10 Ebd. 11 Vgl. Breitbach 2006, S. 10f 12 Ebd., S. 215 13 Vgl. ebd., S. 409ff 162 | Teil II. Im Moderne-Labor
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Title
FAUST UND GEIST
Subtitle
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Author
Wolfgang Paterno
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Size
16.1 x 25.5 cm
Pages
446
Keywords
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und KapitelĂĽberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: LĂĽckenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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