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Nach 1918
FAUST UND GEIST - Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
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geht er auf den Gegner los, als wolle er ihn zerhacken. Der lächelt verlegen, haut – ohne „Pardon“ zu sagen – schon wieder auf Dieners Nase und steckt die Quittung ergeben ein. Sie springen wie die Eber herum.60 Er könne, so Diener nach dem Trainingsduell, vor „Muskelfieber kaum gehen und sitzen“61. Die Helden der Faust sind von Erschöpfung und Selbstwertkrise gezeichnet. Manns zeitdiagnostisches Werk Die große Sache rückt das „Gesetz der Bewegung als Stillstand“62 in den Mittelpunkt, um die zeitgenössische Überbetonung des Sports, der hier in Form von Boxen auf den Plan tritt, struk- turell aufzuzeigen. Das Personal des Romans, der vom „Ablauf des hektischen Durcheinanders“63 geprägt ist, besucht wiederholt Boxkämpfe; der Boxer Bruno Brüstung zählt zum Freundeskreis der Familie. Inmitten des von Boxen mit- bestimmten Wirrwarrs platziert der Autor Brüstung als ermatteten Athleten und Reibebaum für das Missbehagen seiner Umgebung. Inge, in die Brüstung verliebt ist, nennt den Boxer „Penner“64, und Birks Schwiegersohn Emanuel schimpft ihn „Gorilla“65, eine Kreatur, die im Grunde „hinter Schloß und Rie- gel“66 gehöre. Der negative Blick auf den boxenden Bruder Kraftlos wird durch das Tumultartige des Romans, das keine Pause kennt, noch zusätzlich verstärkt. Das Duell Brüstung gegen Alvarez ruft deshalb auch Abwehrreaktionen hervor; der Vorgang des Kämpfens reizt unvermittelt zum Lachen: Die vierte, fünfte und sechste Runde vergingen damit, daß die Kämpfenden ein- ander ermüdeten bis zu einem unwahrscheinlichen Grade. Die Zuschauer zählten laut, wie oft jeder fiel; von jetzt ab nahmen sie es humoristisch, sogar ihr ungerech- ter Beifall blieb aus. Andrerseits hatten sich die Damen, die deshalb hier waren, am Anblick von Blut schon übersättigt, ihr Bedarf war im Grunde nicht groß; das Weitere langweilte sie. Allgemein griff Langeweile um sich.67 Das Sportlerdasein von Brüstung wird in Selbstzweifeln aufgelöst. „Brüstung war gegen Blutvergießen, obwohl er boxte, und er hatte das Gefühl, daß es seiner unwürdig war, wenn gerade sein Gegner unfair behandelt wurde.“68 Brüstung 60 Ebd. 61 Ebd., S. 172 62 Becker 1993, S. 239 63 Schütz 1986, S. 119 64 Mann 1972, S. 241 65 Ebd., S. 242 66 Ebd. 67 Ebd., S. 151 68 Ebd., S. 208 171 Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur |
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FAUST UND GEIST Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Title
FAUST UND GEIST
Subtitle
Literatur und Boxen zwischen den Weltkriegen
Author
Wolfgang Paterno
Publisher
Böhlau Verlag
Location
Wien
Date
2018
Language
German
License
CC BY 4.0
ISBN
978-3-205-20545-6
Size
16.1 x 25.5 cm
Pages
446
Keywords
Literature, Sport, Boxing, Weimar Republic, Cultural Studies, Literatur, Sport, Boxen, Weimarer Republik, Kullturhistorie
Categories
Geschichte Nach 1918

Table of contents

  1. Grundlagen 15
  2. Kritikpunkte: Propagierungsmaschinerie 21
  3. Fokussierung: Recherchewege und Kapitelüberblick 29
  4. Vorstellung der Methode: Dispositiver Gefechtsraum 32
  5. Forschungsberichte: Lückenhafte Spurenlage 45
  6. Haupt- und Nebenschauplätze: Epochensymptom 53
  7. Ringfeldsichtung 113
  8. Kraft- und Körperkulte: Boxsport-Mode im Unterhaltungsroman 118
  9. Box-Demontage: Faustkampf in der elaborierten Erzählliteratur 160
  10. „Zeitfigur“ im Ring: Brechts Diskurserweiterungen 237
  11. Primat der Reflexion: Musils Reorganisation des Boxens 304
  12. ZUSAMMENFASSUNG 389
  13. ANHANG
  14. Bibliografie 402
  15. Bildnachweis 438
  16. Dank 439
  17. Namensregister 440
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