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Leben, das hier ist, so wären alle miteinander bis auf
einen überflüssig, und ebenso, wenn zwei oder einige darin
sich gleichen, daß sie dasselbe Leben enthalten, so ist
immer nur einer von ihnen notwendig, nicht umsonst;
denn von zwei Dingen, die sich völlig gleich sind, ist das
eine zwecklos; wüßte ich, daß ich noch einmal auf der
Erde existierte, daß ein zweiter wäre, der ganz derselbe
wie ich wäre, so würde ich mich heute noch in den Abgrund
des Nichts hinunterstürzen in der Überzeugung, ein
zweckloses Wesen zu sein; ich könnte diesen schauerlichen
Spott und teuflischen Hohn mit mir selbst nicht vertragen.
Denn ohne Unterschied kein Zweck, der Zweck schließt
das Gleiche, das bloße Viele, das Zweimal, das Doppelte
aus; nur in meiner Besonderheit, in meiner Bestimmtheit
und Unterschiedenheit liegt der Grund, der Zweck, die
Vernunft meines Daseins. Eines braucht nur einmal zu
existieren; existiert es zum zweiten Mal als ganz dasselbe,
so ist es zwecklos. Der Zweck ist die Würze eines Daseins
und Lebens, durch welche es erst Geschmack bekommt,
aber nur wenn das Dasein, das Leben einmal ist, hat es
Würze und Geschmack. Die Erde, wenn sie so einen gleichen
Bruder unter den Sternen hätte, so einen Doppelgänger,
würde daher zweifelsohne voll Ärger über ihr geschmack-
und gewürzloses Dasein in den Schlund des Nichts hinunter-
stürzen, denn nur der Zweck hält etwas ab und zurück
von dem Nichts. Dasselbe Leben kann also weder auf
einigen noch auf allen Himmelskörpern sein. Der zweite
mögliche Fall ist der, daß auf den Himmelskörpern, oder
wenigstens auf einigen, ein niederes Leben ist als auf der
Erde. Da nun aber das Gesamtleben der Erde selbst
schon in Stufen höhern und niedern Seins und Lebens
abgeteilt ist, so sind hier wieder nur die zwei Fälle möglich,
nämlich daß die Wesen auf den andern Welten entweder
auf demselben1 Grad der Niedrigkeit stehen, auf welchem
bei uns die niedern Stufen des Lebens stehen, oder daß
sie ein noch niedrigeres Leben haben als das, was bei uns
das niedrigste ist. Derselbe Grad der Niederträchtigkeit des
Lebens kann bei ihnen nicht stattfinden, denn es ist hin-
1 Vcm hier ab in II in zweiter Bearbeitungsstufe der folgende Text
bis Geistes machen können, (vgl. unten Seite 26y) gestrichen.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften