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selbst sich erweiterte in den allgemeinen, den Unterschied
der Völker auflösenden1 Begriff der Menschheit, selbst
im Christentum, freilich im alten, gediegenen, kernvollen2
Christentum, sonderte sich nicht der Glaube an Himmel und
Hölle ab von dem wirklichen geschichtlichen Leben und
von dem Begriffe der Einheit und Gemeinsamkeit3; denn
der Himmel war nur denen bestimmt, die in Einheit mit
der Kirche, dem Volke und Staate Gottes lebten, die an-
dern wurden in die Hölle verstoßen. Den modernen Sub-
jekten freilich, die nur ihre4 Empfindung, ihr eignes Wissen
zum Maße des Wirklichen machen, genügt der Lohn der
Geschichte nicht. Fällt nicht das, was nach ihrem Tode
ist, auch nach ihm noch in ihr eignes Wissen und Emp-
finden, so ist3 nichts nach dem Tode; empfinden sie selbst
nicht den Lohn für die guten Handlungen, so gibt es,
schreien sie gleich, keine Vergeltung, keinen Gott6. Alles
ist ihnen nur gelegen an ihrem Unterschiede von andern,
nichts an der Realität des Guten an und für sich, nichts
an dem Wesen, an der Wahrheit, an der Liebe, der den
Unterschied aufhebenden Einigung mit dem Wesen und 7
dem andern. Können8 sie sich daher nach dem Tode nicht
auch noch unterscheiden, so sagen sie, sei nichts nach ihm. 9
Die modernen Subjekte kennen nur subjektiv moralische
Handlungen, die subjektiv moralische Beschaffenheit ist
ihnen die einzige und absolut wesentliche Beschaffenheit
einer Handlung, ja diejenige, durch welche eine Handlung
für sie erst Handlung ist. Eine unendliche, allgemeine Hand-
lung, eine Handlung des Geistes selber, wie die Geschichte
ist und die weltgeschichtlichen Handlungen sind, ist kein
Gegenstand ihres Wissens. Handlungen, die in sich selbst
Sein sind, deren Realität nicht in der subjektiv innerlichen
1 aufhebenden B
2 , gediegenen, kernvollen Fehlt in B.
3 wirklichen . . . Gemeinsamkeit : geschichtlichen, gemein-
samen Leben B
4 In B folgt Zusatz: persönliche
5 In B folgt Zusatz: für sie
6 keinen Gott: keine Gerechtigkeit B
7 , mit B
8 andern. Können: andern; können B
9 In A folgt Leerzeile vor dem nächsten Absatz.
28 Feuerbacii I 355
Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften