Page - 514 - in Ludwig Feuerbach - Gesammlte Werke, Volume 1
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Und in das Tierreich langt, streckst Du zum Himmel empor
Und dozierest uns so, daß zwischen der Haut u[nd] den Nägeln
— Ein appetitlicher Platz — sitzet die Gottheit in uns,
Die, wie der Nervenwurm, die Entzündung frommer Gefühle
In dem Leib uns erzeugt auf der empfindlichen Haut.
Erklärung
Der hochweise moderne Sokratiker
Nicht vermittelst der Augen, oh nein!, nur mittelst der Pfoten
Seiner Gefühle begreift Fries das nicht greif liehe Licht!
[Seite 24g:]
Hocherhabene Sophia! oh Unfruchtbare, das ist nur
Untergeschoben, du bringst nimmer hervor die Natur.
Hegel hat zwar befreit uns glücklich von jeglichem Jenseits;
Aber ein Jenseits ist selber die Lehre von ihm.
[Seiten 231/252:]
Der einzige Ort, wo Gott nicht ist
Überall finde ich Gott, selbst noch im toten Gesteine;
Überall find' ich ihn, nur nicht in der Theologie.
Definitio [Begriffsbestimmung]
Allgemein ist der Mensch; besondres Wesen dagegen
Ist die Bestie, die darum nur Bestie ist.
Demonstratio [Nachweis]
Wahrlich nicht ist das Tier, es existieren nur Tiere.
Der Mensch aber ist selber jeglicher einzelne Mensch.
Scholion [Erklärende Anmerkung]
Drum sich in vielerlei Arten das Tier bricht tausendgestaltig,
Weil im Begriffe des Tiers schon die Besonderheit liegt.
Propositio major [ObersatzJ
Allgemeines nur wreiß vom Allgemeinen, deswegen
Weiß nur der Mensch von Gott, aber nicht Esel u[nd] Ochs.
Propositio minor [Untersatz]
Seht! Zur Philosophie verhält sich die Gottesgelahrtheit,
wreil sie nur Spezies ist, wie sich zum Menschen das Tier,
Conclusio [Schlußfolgerung]
Vom unendlichen Geist, dem allgemeinen, dem ew'gen,
Weiß die Theologie also die Bestie nichts.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften