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Geister der hocherleuchteten Seherin von Prevorst ? Mit
solchen, die ihre Unsterblichkeit einzig einem PĂ€ckchen
Rauchtabak verdanken, das sie bei Lebzeiten zu bezahlen
vergaĂen, wie weiland jener arme Schlucker in Göttingen,
von dem uns Jung-Stilling glÀubig Bericht erstattet? Mit
solchen, die in dem ernsten Momente, wo sie eben unter
dem Protektorate des Todes als Kandidaten der Geister-
welt immatrikuliert werden und allen geheimen und offenen
Verbindungen mit der irdischen Welt auf immer zu ent-
sagen dem Tode feierlichst in die Hand geloben mĂŒssen,
nichts Besseres zu tun haben, als an die schlechtesten,
kindischsten Bubenstreiche ihrer Flegel jĂ€hre zurĂŒckzuden-
ken oder sie gar zu wiederholen, wie jener Herr Baron,
Gott hab' ihn selig!, von dem Horst in seiner âDeutero-
skopie" erzÀhlt, welcher, einer alten Gewohnheit zufolge
und um ein albernes Versprechen zu erfĂŒllen, in dem Mo-
mente seines Verscheidens noch seinem fernen Freunde
hinter den Ohren in die Haare kratzte? Mit solchen, deren
KraftĂ€uĂerungen von ihrer persönlichen Existenz nach
dem Tode nicht zu unterscheiden sind von dem Gepolter
der Katzen und Ratten auf unserm Boden, deren Be-
schĂ€ftigung es ist â traun, ein GeschĂ€ft, das sich ganz fĂŒr
einen Geist paĂt, der bereits absolviert und das Examen
rigorosum [die strenge PrĂŒfung] des Todes bestanden hat â,
die unsichtbaren Stiefelknechte der Menschen, wie ein Geist
in der âSeherin von Prevorst", oder ihre Bartscherer zu
sein, wie jener Geist in einem MÀrchen von MusÀus? Kurz,
mit solchen, die, als nichtswĂŒrdige Tagediebe und Vaga-
bunden, als die faden PossenreiĂer und Hanswursten
unseres kindischen Hangs zu Schrecken- und Schauder-
geschichten, aus Besorgnis, von den hohen Herrschaften
unseres Geistes mit ihren Betteleien zur Treppe hinunter-
geworfen zu werden, nur an die Furcht, diese Dirne aus
dem niedrigsten Stande und von dem beschrÀnktesten
Geistesvermögen, sich wenden und bei der Nacht durchs
Fenster der Phantasie in ihre Kammer schleichen, um hier,
zum Hohne und zur VernunftsbetÀubung aller Zweifler,
Freigeister, Rationalisten1 und Philosophen, einige Vapeurs
als sprechende Beweise ihrer Fortdauer nach dem Tode zu
1 Fehlt, mitsamt dem Komma davor, in C.
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften