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gültigen appellatio per saltum [Berufung durch Übersprin-
gen] im freien Fluge des Geistes sich über die Grenzen der
unmittelbar nächsten Umgebung hinwegzusetzen, die die
meisten Menschen, ohne daß sie es wissen, zeitlebens mit
Zentnerschwere daniederdrückt. Und viele auch schon zu
Schriftstellern herangereifte Menschen hätten doch nie eine
solche Tiefe, Erhabenheit und Stärke des Geistes entwickelt,
wenn sie nicht auf den Besitz irgendeines ihren Neigungen
und Wünschen als Menschen entsprechenden Gegenstands
hätten Verzicht leisten müssen. Petrarca würde nicht
Petrarca geworden sein, wäre der Gegenstand seiner Liebe
nicht für ihn ein unerreichbarer geblieben. Der Gewinn für
den Menschen wäre ein Verlust für den Dichter gewesen.
Was zum Nachteil des Menschen geschieht, geschieht nur
zu oft zum Vorteil des Schriftstellers. Aber was sind auch die
Leiden des Herzens gegen die Herrlichkeiten des Geistes!
Die Seele des Menschen ist das, was er als das Wahre
und Höchste in sich erkennt und erfährt, was seine Art,
die Dinge zu beurteilen, zu sein, zu leben und zu wirken be-
stimmt. Diese seine Seele legt der Schriftsteller in seinen
Büchern nieder. So lehrreich und interessant es daher auch
für uns ist, einen großen Schriftsteller in den gewöhn-
lichen Lebensverhältnissen und im persönlichen Umgang
kennenzulernen, so dürfen wir doch nie vergessen, daß wir
seine wahre höhere geistige Persönlichkeit allein in seinen
Schriften besitzen; denn in ihnen gibt er, abgesondert von
allen grob irdischen Ingredienzien, den reinen Goldbestand
seines Geistes. Im Leben ist der Schriftsteller gleichsam
nur im Raupen- oder Puppenzustande, aber in seinen
Schriften der freie, den Reichtum und die Schönheit seiner
Natur ungebunden entfaltende Schmetterling. Mit Recht
sind daher so manche für ihre kindische Neugierde, große
Schriftsteller auch persönlich kennenzulernen, empfindlich
bestraft worden. Kant z. B. sprach, wenigstens in seinen
späteren Jahren, wenn er besucht wurde, statt von philo-
sophischen Gegenständen, von den besten neusten Mitteln,
die Wanzen zu vertreiben. Albertus Magnus verwies seine
Schüler, wenn sie zu ihm kamen, um Fragen an ihn
zu stellen, auf seine Schriften mit den Worten: „Fragt
Albertum in seinen Büchern." Ja, Goethe gesteht sogar,
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Ludwig Feuerbach
Gesammlte Werke, Volume 1
(Gemeinfreie Teile)
- Title
- Ludwig Feuerbach
- Subtitle
- Gesammlte Werke
- Volume
- 1
- Editor
- Werner Schuffenhauer
- Publisher
- AKADEMIE-VERLAG BERLIN
- Date
- 1981
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 11.6 x 17.8 cm
- Pages
- 468
- Category
- Geisteswissenschaften