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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
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die nĂ€mliche Handlung dem Naturgesetze unterworfen annimmt. Daher ist es eine unnachlĂ€ssliche Aufgabe der spekulativen Philosophie: wenigstens zu zeigen, dass ihre TĂ€uschung wegen des Widerspruchs darin beruhe, dass wir den Menschen in einem anderen Sinne und VerhĂ€ltnisse denken, wenn wir ihn frei nennen, als wenn wir ihn als StĂŒck der Natur dieser ihren Gesetzen fĂŒr unterworfen halten, und dass beide nicht allein gar wohl beisammen stehen können, sondern auch als notwendig vereinigt in demselben Subjekt gedacht werden mĂŒssen, weil sonst nicht Grund angegeben werden könnte, warum wir die Vernunft mit einer Idee belĂ€stigen sollten, die, ob sie sich gleich ohne Widerspruch mit einer anderen, genugsam bewĂ€hrten vereinigen lĂ€sst, dennoch uns in ein GeschĂ€fte verwickelt, wodurch die Vernunft in ihrem theoretischen Gebrauche sehr in die Enge gebracht wird. Diese Pflicht liegt aber bloß der spekulativen Philosophie ob, damit sie der praktischen freie Bahn schaffe. Also ist es nicht in das Belieben des Philosophen gesetzt, ob er den scheinbaren Widerstreit heben, oder ihn unangerĂŒhrt lassen will; denn im letzteren Falle ist die Theorie hierĂŒber bonum vacans, in dessen Besitz sich der Fatalist mit Grunde setzen und alle Moral aus ihrem ohne Titel besessenen vermeinten Eigentum verjagen kann. Doch kann man hier noch nicht sagen, dass die Grenze der praktischen Philosophie anfange. Denn jene Beilegung der Streitigkeit gehört gar nicht ihr zu, sondern sie fordert nur von der spekulativen Vernunft, dass diese die Uneinigkeit, darin sie sich in theoretischen Fragen selbst verwickelt, zu Ende bringe, damit praktische Vernunft Ruhe und Sicherheit fĂŒr Ă€ußere Angriffe habe, die ihr den Boden, worauf sie sich anhauen Will, streitig machen könnten. Der Rechtsanspruch aber selbst der gemeinen Menschenvernunft auf Freiheit des Willens grĂŒndet sich auf das Bewusstsein und die zugestandene Voraussetzung der UnabhĂ€ngigkeit der Vernunft von bloß subjektiv bestimmenden Ursachen, die insgesamt das ausmachen, was bloß zur Empfindung, mithin unter die allgemeine Benennung der Sinnlichkeit gehört. Der Mensch, der sich auf solche Weise als Intelligenz betrachtet, setzt sich dadurch in eine andere Ordnung der Dinge und in ein VerhĂ€ltnis zu bestimmenden GrĂŒnden von ganz anderer Art, wenn er sich als Intelligenz mit einem Willen, folglich mit KausalitĂ€t, begabt denkt, als wenn er sich wie ein PhĂ€nomen in der Sinnenwelt (welches er wirklich auch ist) wahrnimmt und seine KausalitĂ€t Ă€ußerer Bestimmung nach Naturgesetzen unterwirft. Nun wird er bald inne, dass beides zugleich stattfinden könne, ja sogar mĂŒsse. Denn dass ein Ding in der Erscheinung (das zur Sinnenwelt gehörig) gewissen Gesetzen unterworfen ist, von welchen eben dasselbe als Ding oder Wesen an sich selbst unabhĂ€ngig ist, enthĂ€lt nicht den mindesten Widerspruch; dass er sich selbst aber auf diese zwiefache Art vorstellen und 64
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Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
Title
Grundlegung zur Metaphysik der Sitten
Author
Immanuel Kant
Date
1785
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
70
Keywords
Philosophie, Vernunft, AufklÀrung, Ethik, Kritik
Category
Geisteswissenschaften

Table of contents

  1. Vorrede 4
  2. Erster Abschnitt 9
    1. Übergang von der gemeinen sittlichen Vernunfterkenntnis zur philosophischen 9
  3. Zweiter Abschnitt 20
    1. Übergang von der populĂ€ren sittlichen Weltweisheit zur Metaphysik der Sitten 20
    2. Die Autonomie des Willens als oberstes Prinzip der Sittlichkeit 48
    3. Die Heteronomie des Willens als der Quell aller unechten Prinzipien der Sittlichkeit 49
    4. Einteilung aller möglichen Prinzipien der Sittlichkeit aus dem angenommenen Grundbegriffe der Heteronomie 50
  4. Dritter Abschnitt 54
    1. Übergang von der Metaphysik der Sitten zur Kritik der reinen praktischen Vernunft. Der Begriff der Freiheit ist der SchlĂŒssel zur ErklĂ€rung der Autonomie des Willens 54
    2. Freiheit muss als Eigenschaft des Willens aller vernĂŒnftigen Wesen vorausgesetzt werden 56
    3. Von dem Interesse, welches den Ideen der Sittlichkeit anhÀngt 57
    4. Wie ist ein kategorischer Imperativ möglich? 61
    5. Von der Ă€ußersten Grenze aller praktischen Philosophie 63
  5. Schlussanmerkung 70
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