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EINLEITUNG20
ckelten sich sowohl die Privatbibliothek als auch ihr Archiv gleichsam ana-
log zur Biografie ihres Gründers und Besitzers.
Abseits dieses separierten Aktenbestandes enthält die Privatbibliothek
selbst weitere essenzielle Quellen zur Rekonstruktion ihrer Geschichte.
Dazu zählen neben den bereits erwähnten, mehr oder weniger willkürlich
zusammengetragenen Sammlungen von Verkaufs- und Auktionskatalogen
sowie von Pränumerations- und Subskriptionseinladungen vor allem die Be-
standskataloge der kaiserlichen Sammlung – an erster Stelle der Alphabe-
tische und der Systematische Katalog und das Standortrepertorium –, die
gleichsam als „Instrumente der intellektuellen Ressourcenkontrolle“13 zu
verstehen sind.14
Als weiterer bedeutsamer Aktenbestand, der heute im Wiener Haus-,
Hof-, und Staatsarchiv aufbewahrt wird, kann jenes Verwaltungsschriftgut
gelten, das Franz I. einst in den Nussholzkästen seines Arbeitszimmers ab-
legen ließ, um es stets griffbereit zu haben. In dieser Registratur, die spä-
ter als „Handarchiv“ bezeichnet wurde, verwahrte der Kaiser „an ihn ge-
richtete Privatbriefe, eigenhändige Schreiben von Familienmitgliedern aus
dem 18. Jahrhundert, seine Reiseaufzeichnungen, Akten, die er stets zur
Hand haben wollte, und seine Rechnungen“.15 Die in diesem Handarchiv
enthaltenen Kammerrechnungen des Erzherzogs16, die sich ab Mai 1784
lückenlos bis 1791 erhalten haben, liefern beispielsweise eine detailreiche
und kontinuierliche Dokumentation der angeschafften Werke der Frühzeit
der Bibliothek und geben in den meisten Fällen genaue Auskunft über die
Titel der angeschafften Werke, ihren Preis und ihre Bezugsquelle. Darüber
hinaus verkörperte der 1774 zum Ajo17 berufene Franz de Paula Karl Graf
von Colloredo-Wallsee18 eine Vorbildrolle und Funktion, in der er nicht nur
13 Jochum, Fürstenbibliotheken, 157.
14 Siehe dazu das Kapitel 7.1. bzw. Huber-Frischeis, Privatbibliothek, 16–23.
15 Reinöhl, Kabinettsarchiv, 119.
16 ÖStA, HHStA, HausA, Handarchiv Kaiser Franz 1–5.
17 Im deutschen Sprachgebrauch stellt der Begriff „Ajo“ ein Lehnwort des spanischen Wor-
tes „ayo“ dar, welches ursprünglich wiederum von dem gotischen Wort „hagja“ abgeleitet
wurde und „Bewacher“ bedeutet, vgl. Vocelka/Heller, Habsburger, 53. Der Begriff des Hof-
meisters ist mit jenem des Ajo gleichzusetzen, letzterer wurde jedoch an den habsburgi-
schen Höfen häufig verwendet, was in der vorliegenden Arbeit beibehalten werden soll.
18 Colloredo (1736–1806) war ab 1774 als Erzieher für die Kinder Großherzog Pietro Leo-
poldos am Hof in Florenz verantwortlich. Er begleitete Erzherzog Franz 1784 nach Wien
und übernahm daraufhin das Amt des Obersthofmeisters in dessen Hofstaat. Colloredo
wurde 1792 von Franz II. zum Kabinettsminister berufen, 1805 jedoch als Folge der Nie-
derlage im dritten Koalitionskrieg seines Amtes enthoben. Eine Biografie Colloredos muss
erst geschrieben werden, ADB und NDB irren bereits bei der Jahresangabe zur Erzie-
hungstätigkeit Colloredos.
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Subtitle
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Authors
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 644
- Keywords
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630