Page - 72 - in Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835 - Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
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VOM KAISER BIS ZUM
BIBLIOTHEKSADJUNKTEN72
sich für den gesamten Zeitraum bis 1792 nicht ändern. Nach der Heirat
mit seiner ersten Frau Elisabeth Wilhelmina von Württemberg im Jänner
1788 erfolgte eine Aufstockung der Jahresapanage auf 27.000 fl., und zwar
für jeweils beide Ehepartner.257 In weiterer Folge erhielt der Erzherzog ab
1788 insgesamt 27.000 fl. pro Jahr258 bzw. 1792 – noch als Erzherzog – hoch-
gerechnet 30.000 fl. pro Jahr. Zudem gab Joseph II. Anweisungen für die
Einrichtung des Hofstaats.259 Nachdem Erzherzog Max Franz im April 1784
zum Kurfürsten und Erzbischof von Köln ernannt wurde und anschließend
von Wien nach Bonn übersiedelt war, wurde ein Teil seines Wiener Hofper-
sonals auf den neuen Hofstaat Erzherzog Franz’ übertragen.260 Bereits hier
wird die Kontinuität in den Personalstrukturen am Wiener Hof ersichtlich,
die – wie später zu sehen sein wird – in der Regierungszeit bestehen blieb.
Außer Ajo Colloredo wurden ohne Ausnahme neue Lehrmeister für die
Erziehung ausgewählt. Auch wenn der Thronfolger bereits das Alter von 16
Jahren erreicht hatte, ließ ihm Joseph II. im Gegensatz zu Pietro Leopoldo
dennoch eine erstaunliche Freiheit bei der Einteilung seiner Stunden: „Ing-
leichen hat Er stunden zu bestimmen, wann Er diejenige Meister haben will,
die für Ihn höchst nothwendig sind.“261 Schlussendlich war es jedoch Collo-
redo, der den Stundenplan fixierte.
Auch der konträre Zugang zum Wissenserwerb durch das Medium Buch
ist bereits anhand von Josephs „Beobachtungs-Punkten“ ersichtlich. Prinzi-
piell befürwortet er die Anschaffung von Büchern – die thematische Schwer-
ediert bei Schimmer, Josef II., 287–297. „Der Erzherzog hat des Jahres m/18 fl [18.000 Gul-
den], die Er quartalweise bei der Kassa des Deldono empfangen wird; von diesen bestreitet
Er seine garderobe, unterhaltungen, allmosen und überhaupts alles, was Er ausgibt. Diese
quartalige Gelder verwahrt er in seiner Kassa und führt darüber seine Rechnungen, die
Mir alle halbe Jahr durch den Grafen Colloredo vorzulegen sind.“ Vgl. ÖNB, BAG, A/30
Autographen, Beobachtungs-Punkte[n] fol. 1v. Zur Herkunft der Gelder für die Apanage vgl.
Turba, Privateigentum, 87–88.
257 Turba, Privateigentum, 88.
258 Einen Überblick über das komplexe Kassensystem gibt Turba, Privateigentum, 88.
259 „Der Dienst des Kammerdieners und Leiblaquayen ist bei dem Erzherzog so wie bey Mir zu
beobachten und einzurichten. Alles, was die Garderobbe betrifft, soll vom Kammerdiener
Florian Schmid besorgt und von ihm alle Auszügl bezahlet werden, diese hat er alsdann
dem Erzherzog zu übergeben, weil Er selbst seine Rechnung zu führen hat.“ Vgl. ÖNB,
BAG, A/30 Autographen, Beobachtungs-Punkte[n], fol. 1v.
260 Für die Zusammensetzung des Hofstaats und die Karrieren der Hofangestellten beziehe
ich mich auf die Recherchen von Irene Kubiska, welche mir freundlicherweise bereits vorab
biografische Angaben aus der Projektdatenbank „Personal und Organisation des Wiener
Hofes im 18. Jahrhundert“ zur Verfügung stellte, für deren Aufbau die Angaben des Hofka-
lenders und der Hofparteienprotokolle herangezogen wurden. Vgl. http://www.univie.ac.at/
hofpersonal/ (abger. am 27.01.2015).
261 ÖNB, BAG, A/30 Autographen, Beobachtungs-Punkte[n], fol. 2r.
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Subtitle
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Authors
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 644
- Keywords
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630