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THE MARKETPLACE OF IDEAS – AKQUISITIONSPOLITIK 1784 BIS 1791 235
ken wurde ab 1828 systematisch über die diplomatischen Vertretungen
forciert, als Franz I. allen Gesandten und Ministern befahl, „Porträte und
Kunstwerke ähnlicher Art nach vorgelegten Tabellen zu sammeln, anzu-
kaufen und von merkwürdigen Porträten wenigstens Kopien herstellen zu
lassen.“973 Ein weiterer Grund für die Dominanz des Wiener Buchhandels
in den Kammerrechnungen mag die Etablierung der Handelsbeziehungen
zwischen Wien und Paris, also die Professionalisierung und Kommerziali-
sierung des Imports von Werken, in den 1780er und 1790er Jahren sein.974
Trotz der Transportkosten, welche dem Käufer natürlich weiterverrechnet
wurden, konnten die Wiener Buchhändler die Preise für ausländische Werke
offensichtlich attraktiv genug gestalten, respektive auch über „druckfrische“
Bücher auf dem Markt verfügen, um den Ansprüchen des Büchersammlers
gerecht zu werden. Diese Sachlage bestätigt einmal mehr die Charakterisie-
rung des Buchhandels im Zeitalter der Aufklärung: „Trotz des strukturellen
Wandels des Buchhandels stieg die Vermittlungsfunktion des Buchhandels
geradezu zu einem Topos des aufklärerischen Diskurses auf.“975
Durch die Kammerrechnungen werden nicht nur die Bucherwerbungen
nachvollziehbar, in Ergänzung dazu finden sich auch die Rechnungen für
Buchbinde- und Restaurierungsarbeiten bei Georg Kapler.976 Er trat be-
ginnend mit dem Jahr 1784 als beinahe einziger Buchbinder der Privatbi-
bliothek auf und stand für Erzherzog Franz sowohl in der Anfangszeit als
auch während seiner Regierungszeit in Diensten. Kaplers Arbeit stellt –
ausgehend vom Arbeitspensum und -umfang – eine Konstante in den Aus-
gaben dar. Die im Zeitraum 1784–1791 in Rechnung gestellten Arbeiten
973 Beetz, Porträtsammlung (1935), 20.
974 Ein Abgleich mit der Datenbank des Archivs der Société Typographique de Neuchâtel http://
chop.leeds.ac.uk/stn/interface/rank.php?t=client&n=10&e=rawsales&p=pl428&d1=01&m
1=07&y1=1784&d2=02&m2=03&y2=1792&g=town&d=table (abger. am 07.02.2015) hat
allerdings ergeben, dass die Buchtitel, die Buchhändler wie Hörling, Graeffer oder Wapp-
ler in den Jahren 1784–1792 aus Neuburg bezogen hatten, nicht mit jenen französischen
Druckschriften übereinstimmen, welche der Erzherzog im selben Zeitraum bei ihnen er-
worben hatte. Zur Datenbank vgl. Anm. 118.
975 Bödeker, Buchhandel, 106.
976 Wilhelm Beetz gibt in seinem Artikel über die Sammlung an, dass Bibliothekar Young für
die Wahl der Einbände verantwortlich gewesen sei: „Der besonderen Fürsorge, dem guten
Geschmacke und dem Schönheitssinn Youngs ist es zuzuschreiben, dass die in der kaiser-
lichen Bibliothek gebundenen Werke besonders ausgestattet sind. Wir finden Einbände
aus Maroquin-, Kalb- und Juchtenleder mit reicher ornamentaler Vergoldung […].“ Aus
den Kammerrechnungen wissen wir allerdings, dass es Franz selbst war, der die Werke
bereits lange vor der Zeit von Young als Bibliothekar bei Kapler binden ließ. Vgl. Beetz,
Porträtsammlung (1935), 8. Zu biografischen Angaben von Kapler vgl. Frank/Frimmel,
Buchwesen, 96.
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Subtitle
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Authors
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 644
- Keywords
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630