Page - 284 - in Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835 - Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Image of the Page - 284 -
Text of the Page - 284 -
VOM BUCHMARKT ZUM
BIBLIOTHEKSBESTAND284
Leszczyńska seine spätere Geliebte Marie Jeanne Bécu, Comtesse du Barry
kennengelernt hatte. Eine letzte Gelegenheit hätte sich im Herbst 1770 ge-
boten, als Herzog Friedrich Michael von Pfalz-Zweibrücken auf der Suche
nach einer Gemahlin für seinen ältesten Sohn Karl am Wiener Hof angefragt
hatte. Doch auch dieser Kandidat wurde abgelehnt. Weitere Heiratspläne
erschwerte ab 1767 das narbenentstellte Gesicht, das die potentielle Braut
infolge einer in diesem Jahr grassierenden Pockenepidemie davontrug. Ma-
ria Elisabeth schien nun dasselbe Schicksal beschieden wie ihrer Schwester
Maria Anna, die bereits seit 1766 als Äbtissin in Prag lebte und später nach
Klagenfurt wechselte. Zu Lebzeiten Maria Theresias blieb Maria Elisabeth
allerdings in Wien, obwohl ihre Mutter nicht nur diese Art der Versorgung,
sondern darüber hinaus auch schon ihre eigene Gründung, das Damenstift
in Innsbruck,1182 für ihre zweite unverheiratete Tochter, vorgesehen hatte.
Erst nach dem Tod der Kaiserin wurde sie sowohl auf ihren eigenen Wunsch
als auch auf jenen Josephs II. hin nach Innsbruck entsandt. Den Höhepunkt
ihrer Amtszeit stellte zweifelsohne der Besuch Papst Pius’ VI. am 8. Mai
1782 dar, der sich auf der Durchreise nach Italien eine Nacht in Innsbruck
aufhielt. Infolge französischer Bedrohung mehrmals aus Tirol geflüchtet,
stellte das Ende ihrer Anwesenheit in Innsbruck der am 26. Dezember 1806
in Pressburg geschlossene Frieden zwischen Österreich und Frankreich dar,
demzufolge Tirol an Bayern abzutreten war. Maria Elisabeth ging an den
Wiener Hof, um von hier nach einiger Zeit weiter nach Linz zu ziehen, wo sie
ihre letzten Lebensjahre zubrachte. Sie verstarb am 22. September 1808 und
wurde im Alten Dom der Stadt Linz begraben. In ihrem bereits 1794 verfass-
ten Testament setzte sie ihren Neffen Franz I. als Universalerben mit der
Bedingung ein, dass dieser die entsprechenden Pensionen an die Mitglieder
ihres Hofstaats weiterhin auszubezahlen habe. Der Kaiser nahm das Erbe an
und überführte den Haushalt Maria Elisabeths in seinen Hofstaat.1183
Im Hauptbuch der k. k. Privatkasse werden die mit der Erbschaft in Zu-
sammenhang stehenden Zahlungen in einem separaten Kapitel aufgelis-
tet,1184 wobei der ganze Hofstaat der Erzherzogin mit Namen und der jeweili-
gen Funktionsbezeichnung, in fünf Abteilungen gegliedert, aufgeführt
1182 Das adelige Damenstift in Innsbruck wurde von Kaiserin Maria Theresia nach dem Tod
ihres Gatten Franz Stephan in der Innsbrucker Hofburg gegründet und hatte – neben der
Versorgung unverheirateter hochadeliger Damen – den Zweck, dass fortwährend für den
verstorbenen Kaiser gebetet werde.
1183 Meine Ausführungen zur Biografie stammen aus Langer, Damenstift, 101–138; und diese
teilweise stark rezipierend Weissensteiner, Töchter, 105–124 sowie Pangels, Kinder, 223–
269.
1184 ÖStA, HHStA, GdPFF, Ältere Reihe, Hauptreihen, k. k. Privatkasse, Hauptbuch 1809
(414), p. 423–515.
Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Title
- Die Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. von Österreich 1784-1835
- Subtitle
- Bibliotheks- und Kulturgeschichte einer fürstlichen Sammlung zwischen Aufklärung und Vormärz
- Authors
- Thomas Huber-Frischeis
- Nina Knieling
- Rainer Valenta
- Publisher
- Böhlau Verlag
- Location
- Wien
- Date
- 2015
- Language
- German
- License
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79497-4
- Size
- 17.0 x 24.0 cm
- Pages
- 644
- Keywords
- Austrian History, Book History, Library History, 18th Century, 19th Century, Emperor Francis I, Österreichische Geschichte, Buchgeschichte, Bibliotheksgeschichte, 18. Jahrhundert, 19. Jahrhundert, Hofburg, Kaiser Franz I.
- Categories
- Geschichte Historische Aufzeichnungen
Table of contents
- Vorwort 11
- 1. Einleitung 15
- 2. Zur Vorbildfunktion der Privatbibliothek von Pietro Leopoldo und Maria Luisa. Erwerbungsstrategien und Buchlektüre am florentinischen Hof (NK) 27
- 2.1 Pietro Leopoldo als Großherzog von Toskana 28
- 2.2 Meilensteine der florentinischen Privatbibliothek der Großherzoge 30
- 2.3 Akquisitionspolitik und Benutzung 36
- 2.4 Sapere aude – Das Buch als Eckpfeiler der aufgeklärten Erziehung und seine mediale Rezeption 49
- 2.5 Spurensuche nach dem Nukleus der franziszeischen Privatbibliothek 62
- 3. Vom Kaiser bis zum Bibliotheksadjunkten. Die Akteure der Privatbibliothek 70
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 3.1.1 Die Prinzenerziehung in Wien und der prägende Einfluss von Erziehern und Lehrern (NK) 70
- 3.1.2 Franz II. als letzter Kaiser des Heiligen Römischen Reichs (NK) 76
- 3.1.3 Franz I. als Kaiser von Österreich (TH-F) 77
- 3.1.4 Die Privatbibliothek im administrativen Gefüge des erzherzoglichen bzw. kaiserlichen Hofstaats bis 1806 (NK) 81
- 3.2 Personal der Institution Privatbibliothek (TH-F) 83
- 3.2.1 Mathias Braunbeck 84
- 3.2.2 Peter Thomas Young 89
- 3.2.3 Michael Brunner 116
- 3.2.4 Alois Hofmann 121
- 3.2.5 Franz (Xaver) Thein 123
- 3.2.6 (Johann) Eduard Frister 128
- 3.2.7 Wenzel (Maximilian) Kißler 135
- 3.2.8 Leopold Joseph Wilhelm von Khloyber 140
- 3.2.9 Georg Thaa 151
- 3.2.10 Giuseppe Caselli 156
- 3.2.11 Joseph Ott 166
- 3.2.12 Philipp Held 176
- 3.1 Stationen im Leben eines Kaisers als Bibliothekar 70
- 4. Die Bibliothek als architektonischer Ort. Rekonstruktion und Entwicklung der Privatbibliothek Kaiser Franz’ I. (RV) 178
- 5. Finanzpolitische Aspekte der Privatbibliothek (TH-F) 208
- 6. Vom Buchmarkt zum Bibliotheksbestand . Erwerbungsmechanismen und Bestandsaufbau 229
- 6.1 The Marketplace of Ideas – Akquisitionspolitik 1784 bis 1791 (NK) 229
- 6.2 Ein Handapparat entsteht – Bestandsaufbau und unktionswandel der Privatbibliothek 1784 bis 1791 (NK) 244
- 6.3 Handelspraktiken des Buchmarktes 1792 bis 1806 im Spiegel der Privatbibliothek (NK) 252
- 6.4 Erwerbungen bei in- und ausländischen Buchhändlern 1806 bis 1835 (TH-F) 266
- 6.5 Ankauf geschlossener Sammlungen von 1806 bis 1835 (TH-F) 280
- 6.5.1 Die ererbte Bibliothek Erzherzogin Maria Elisabeths (1808) 283
- 6.5.2 Die Manuskriptsammlungen des Joseph von Sartori (1809, 1813) 287
- 6.5.3 Die Bibliothek des Peter Anton Freiherrn von Frank (1819) 292
- 6.5.4 Die Inkunabelsammlung des Ferdinand Freiherrn von Ulm (1824) 296
- 6.5.5 Sammlung chinesischer Handzeichnungen des Generalkonsuls Edward Watts (um 1826) 304
- 6.5.6 Die physiognomische Studiensammlung des Johann Caspar Lavater (1828) 307
- 6.5.7 Aus dem Nachlass des ehemaligen Leibarztes Nikolaus Thomas Host (1834) 314
- 6.6 Erwerbungen im Rahmen von Auktionen von 1806 bis 1835 (TH-F) 320
- 6.6.1 Aus der Privatbibliothek des Franz Freiherrn von Prandau (1811) 322
- 6.6.2 Aus der Privatbibliothek des Johann Melchior Edlen von Birkenstock (1812) 327
- 6.6.3 Aus der Privatbibliothek der Grafen Apponyi (1818) 338
- 6.6.4 Aus der Privatbibliothek des Prosper Fürsten von Sinzendorf (1823) 339
- 6.6.5 Aus der Privatbibliothek König Maximilian I. Josephs von Bayern (1826) 347
- 6.6.6 Aus dem Nachlass des Wiener Erzbischofs Leopold Maximilian Graf Firmian (1832) 352
- 6.6.7 Aus der Bibliothek der Grafen Auersperg im Schloss Wolfpassing (1834) 356
- 6.7 Der Bestandsaufbau der Privatbibliothek 1806 bis 1835 im Überblick (TH-F) 359
- 7. Bibliothek und Ordnung 363
- 8. Die Sammlungsbestände im historischen Kontext. Exemplarische Analysen 394
- 9. Die Privatbibliothek im Vergleich. Einblicke und Ausblicke 489
- 10. Resümee 537
- Bildteil 545
- 11. Anhang 561
- 11.1 Werke der Büchersammlung aus Florenz in der kaiserlichen Privatbibliothek 561
- 11.2 Werke der Büchersammlung aus Florenz im Prunksaal 568
- 11.3 Sammlung der besten deutschen prosaischen Schriftsteller und Dichter 571
- 11.4 Ahnentafel Kaiser Franz’ I 574
- 11.5 Beschreibung der Lebensweise Kaiser Franz’ I 574
- 11.6 Wiener Buchhändler als Lieferanten der Privatbibliothek 577
- 11.7 Edition des von der Zensur verbotenen Eipeldauerbriefs 579
- 11.8 Prandau’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen bzw. nicht erworbenen Werke 579
- 11.9 Birkenstock’sche Auktion: Listen der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 582
- 11.10 Sinzendorf’sche Auktion: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen und nicht erworbenen Werke 590
- 11.11 Auktion der Bibliothek Maximilians I. von Bayern: Liste der für die Privatbibliothek erworbenen Werke 592
- 12. Abbildungs-, Quellen- und Literaturverzeichnis 595
- 13. Register 630