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Radetzkymarsch
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1Kapitel Die Strahlen der habsburgischen Sonne reichten nach dem Osten bis zur Grenze des russischen Zaren. Es war die gleiche Sonne, unter der das Geschlecht der Trottas zu Adel und Ansehn herangewachsen war. Die Dankbarkeit Franz Josephs hatte ein langes Gedächtnis, und seine Gnade hatte einen langen Arm. Wenn eines seiner bevorzugten Kinder im Begriffe war, eine Torheit zu begehn, griffen die Minister und Diener des Kaisers rechtzeitig ein und zwangen den Törichten zu Vorsicht und Vernunft. Es wäre kaum schicklich gewesen, den einzigen Nachkommen des neugeadelten Geschlechts derer von Trotta und Sipolje in jener Provinz dienen zu lassen, welcher der Held von Solferino entstammte, der Enkel analphabetischer slowenischer Bauern, der Sohn eines Wachtmeisters der Gendarmerie. Mochte es dem Nachfahren immer noch gefallen, den Dienst bei den Ulanen mit dem bescheidenen bei den Fußtruppen zu vertauschen: Er blieb also treu dem Gedächtnis des Großvaters, der als einfacher Leutnant der Infanterie dem Kaiser das Leben gerettet hatte. Aber die Umsicht des kaiser- und königlichen Kriegsministeriums vermied es, den Träger eines Adelsprädikats, das genauso hieß wie das slowenische Dorf, dem der Begründer des Geschlechtes entstammte, in die Nähe dieses Dorfes zu schicken. Ebenso wie die Behörden dachte auch der Bezirkshauptmann, der Sohn des Helden von Solferino. Zwar gestattete er – und gewiß nicht leichten Herzens – seinem Sohn die Transferierung zur Infanterie. Aber mit dem Verlangen Carl Josephs, in die slowenische Provinz zu kommen, war er keineswegs einverstanden. Er selbst, der Bezirkshauptmann, hatte niemals den Wunsch gespürt, die Heimat seiner Väter zu sehn. Er war ein Österreicher, Diener und Beamter der Habsburger, und seine Heimat war die Kaiserliche Burg zu Wien. Wenn er politische Vorstellungen von einer nützlichen Umgestaltung des großen und vielfältigen Reiches gehabt hätte, so wäre es ihm genehm gewesen, in allen Kronländern lediglich große und bunte Vorhöfe der Kaiserlichen Hofburg zu sehn und in allen Völkern der Monarchie Diener der Habsburger. Er war ein Bezirkshauptmann. In seinem Bezirk vertrat er die Apostolische Majestät. Er trug den goldenen Kragen, den Krappenhut und den Degen. Er wünschte sich nicht, den Pflug über die gesegnete slowenische Erde zu führen. In dem entscheidenden Brief an seinen Sohn stand der Satz: »Das Schicksal hat aus unserm Geschlecht von Grenzbauern Österreicher gemacht. Wir wollen es bleiben.« 112
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Ă–sterreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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