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Radetzkymarsch
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3Kapitel Der Bezirkshauptmann beschloß, seinen Sohn in der fernen Grenzgarnison zu besuchen. Für einen Mann von der Art Herrn von Trottas war es kein leichtes Unternehmen. Er hatte ungewöhnliche Vorstellungen von der östlichen Grenze der Monarchie. Zwei seiner Schulkollegen waren wegen peinlicher Verfehlungen im Amt in jenes ferne Kronland versetzt worden, an dessen Rändern man wahrscheinlich schon den sibirischen Wind heulen hörte. Bären und Wölfe und noch schlimmere Ungeheuer wie Läuse und Wanzen bedrohten dort den zivilisierten Österreicher. Die ruthenischen Bauern opferten heidnischen Göttern, und grausam wüteten gegen fremdes Hab und Gut die Juden. Herr von Trotta nahm seinen alten Trommelrevolver mit. Die Abenteuer schreckten ihn keineswegs; vielmehr erlebte er jenes berauschende Gefühl aus längst verschütteter Knabenzeit wieder, das ihn und seinen alten Freund Moser in die geheimnisvollen Waldgründe auf dem väterlichen Gut getrieben hatte, zur Jagd und in mitternächtlicher Stunde auf den Friedhof. Von Fräulein Hirschwitz nahm er wohlgemut kurzen Abschied mit der unbestimmten und kühnen Hoffnung, sie nie mehr wiederzusehen. Allein fuhr er zur Bahn. Der Kassierer hinter dem Schalter sagte: »Oh, endlich eine weite Reise. Glückliche Fahrt!« Der Stationschef eilte auf den Perron. »Sie reisen dienstlich?« fragte er. Und der Bezirkshauptmann, in jener aufgeräumten Stimmung, in der man gelegentlich gerne rätselhaft erscheinen mag, antwortete: »Sozusagen, Herr Stationschef! Man kann schon ›dienstlich‹ sagen!« »Für längere Zeit?« »Noch unbestimmt.« »Werden wahrscheinlich auch Ihren Sohn besuchen?« »Wenn es sich machen läßt!« – Der Bezirkshauptmann stand am Fenster und winkte mit der Hand. Er nahm heitern Abschied von seinem Bezirk. Er dachte nicht an die Rückkehr. Er las im Kursbuch noch einmal alle Stationen. »In Oderberg umsteigen!« wiederholte er für sich. Er verglich die angegebenen mit den wirklichen Ankunfts- und Abfahrtszeiten und seine Taschenuhr mit allen Bahnhofsuhren, an denen der Zug vorüberfuhr. Merkwürdigerweise erfreute, ja erfrischte jede Unregelmäßigkeit sein Herz. In Oderberg ließ er einen Zug aus. Neugierig, nach allen Seiten Umschau haltend, ging er über die Bahnsteige, durch die Wartesäle und ein bißchen auch auf dem langen Weg zur Stadt. In den Bahnhof zurückgekehrt, tat er, als hätte er sich wider Willen verspätet, und sagte ausdrücklich dem Portier: »Ich habe meinen Zug versäumt!« Es enttäuschte ihn, daß sich der Portier nicht wunderte. Er mußte in Krakau noch einmal umsteigen. Das war ihm willkommen. Wenn er Carl Joseph nicht die 136
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Radetzkymarsch
Title
Radetzkymarsch
Author
Joseph Roth
Date
1932
Language
German
License
PD
Size
21.0 x 29.7 cm
Pages
294
Keywords
Roman, Geschichte, KUK, Österreich, Ungarn
Categories
Weiteres Belletristik

Table of contents

  1. Teil 1 3
    1. Kapitel 1 5
    2. Kapitel 2 20
    3. Kapitel 3 31
    4. Kapitel 4 45
    5. Kapitel 5 53
    6. Kapitel 6 69
    7. Kapitel 7 81
    8. Kapitel 8 100
  2. Teil 2 111
    1. Kapitel 1 112
    2. Kapitel 2 122
    3. Kapitel 3 136
    4. Kapitel 4 153
    5. Kapitel 5 167
    6. Kapitel 6 178
    7. Kapitel 7 191
  3. Teil 3 202
    1. Kapitel 1 203
    2. Kapitel 2 219
    3. Kapitel 3 236
    4. Kapitel 4 251
    5. Kapitel 5 272
    6. Kapitel 6 281
  4. Epilog 288
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