Page - 17 - in Tonka
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»Und da haben Sie die Stellung bei uns angenommen?«
»Ja.«
»Wissen Sie was,« sagte er plötzlich, »Sie sollen nicht zu Ihrer Tante
zurückgehen. Sie werden etwas finden. Ich – werde dafür sorgen.«
Sie sagte nicht ja und nicht nein und nicht danke; aber als er fort war, nahm
sie langsam ein Stück ums andere wieder aus den Schachteln heraus und legte
es auf seinen Platz zurück. Sie war sehr rot geworden, konnte ihre Gedanken
nicht ordnen, schaute oft mit einem Stück in der Hand lange vor sich hin und
fühlte: das war jetzt die Liebe.
Er sah jedoch, als er in sein Zimmer zurückgekehrt war, noch immer die
Tagebuchfragmente von Novalis auf dem Tisch liegen und war über die
Verantwortung betreten, die er plötzlich auf sich geladen hatte. Es war
unerwartet etwas geschehen, das sein Leben bestimmen würde und ihm doch
gar nicht nahe genug ging. Er war vielleicht in diesem Augenblick sogar
mißtrauisch, weil Tonka sein Angebot so ohne weiteres angenommen hatte.
Aber da fiel ihm ein: »Wieso kam ich dazu, es ihr anzubieten? Und er
wußte das ebensowenig, wie warum sie es annahm. In ihrem Gesicht war die
gleiche Ratlosigkeit gewesen wie in seinem. Die Lage war grausam komisch;
wie im Traum irgendwo hinaufgestürzt, fand er nicht mehr hinunter. Aber er
sprach nochmals mit Tonka. Er wollte nicht unaufrichtig sein. Sprach von
Bewegungsfreiheit, Geist, Zielen, Ehrgeiz, Abneigung gegen den
Taubenschlag des Idylls, erwarteten bedeutenden Frauen – wie eben ein sehr
junger Mann spricht, der viel will und wenig erlebt hat. Als er in Tonkas
Augen ein Zucken gewahrte, tat es ihm leid, und er bat, von der
entgegengesetzten Angst, ihr wehzutun, befallen: »Verstehen Sie es nicht
falsch!«
»Ich verstehe es ja!« war das einzige, was Tonka antwortete.
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Tonka
- Title
- Tonka
- Author
- Robert Musil
- Date
- 1922
- Language
- German
- License
- PD
- Size
- 21.0 x 29.8 cm
- Pages
- 46
- Categories
- Weiteres Belletristik