Seite - 1055 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Pollak, Jože(f)
Vinko Poljanec, Foto Vincenc
Gotthardt 1927 wollte P. für den Nationalrat auf der slowenischen
Liste als Erstgereihter kandidieren, das Bischöfliche
Ordinariat verwehrte ihm aber die Kandidatur. In den
→
»Anschluss«-Tagen wurde gegen P. der Vorwurf des
gewerbsmäßigen Devisenvergehens erhoben, ein Straf-
verfahren eingeleitet und mit 12. März 1938 die Un-
tersuchungshaft verhängt. Der Vorwurf konnte nicht
bewiesen, das Strafverfahren musste eingestellt werden,
doch wurde P. abermals festgenommen und Ende April
ins Polizeikommissariat Klagenfurt/Celovec überstellt.
Im Mai 1938 wurde er nach beinahe zwei Monaten
enthaftet, danach gab es gegen ihn mehrere Drohbriefe,
die ihn veranlassten, in Krankenstand zu gehen. Die
Sicherheitsdirektion forderte ihn zum Verlassen der
Pfarre auf. P. war psychisch und physisch ausgelaugt
und starb im August 1938 in St. Kanzian/Škocjan an
den Folgen der Haft. Die Todesursache blieb unklar. P.
gilt als das erste Opfer der Nazi-Diktatur in Kärnten/
Koroška. Der Tod von P. beschäftigte den damaligen
Gestapochef von Klagenfurt/Celovec und auch die
Presse im Nachkriegskärnten. Der Religionsunterricht
in slowenischer Sprache in St. Kanzian/Škocjan konnte
nach dem Weggang P.s aus der Pfarre nicht gehalten
werden. Die Gestalt des jungen P. beschrieb Franc
Ksaver → Meško in seiner Kurzgeschichte Poljančev
Cencek [Poljanec’ Cencek] (1902).
Nach Vinko Poljanec wurde der bis heute aktive
örtliche → Kulturverein Slovensko prosvetno društvo
»Vinko Poljanec« [Slowenischer Kulturverein »Vinko
Poljanec«] benannt (vgl. → Škocjan, Slovenska krščanska-
socialna čitalnica [Slowenischer christlich-sozialer Lese-
verein St. Kanzian])
Quellen : ADG, Personalakten Poljanec.
Lit.: F. K. Meško : Poljančev Cencek. In : KMD 1902, 26–31 ; Naši
rajni duhovniki. Celovec 1968, 268–278 ; A. Malle : Koroški Slovenci in
katoliška cerkev v času nacizma. In : A. Malle, V. Sima (Red.) : Narodu
in državi sovražni. Pregon koroških Slovencev 1942 – Volks- und
staatsfeindlich. Die Vertreibung von Kärntner Slowenen 1942. Ce-
lovec/Klagenfurt 1992, 85–130 (deutsche Zusammenfassung : Die
Kärntner Slowenen und die katholische Kirche, S. 131 f., zu Poljanec
S. 113–114) ; A. Malle : Vinko Poljanec. In : Na poti skozi čas. Auf dem
Weg durch die Zeit. Klagenfurt/Celovec 1996, 17–40 ; J. Till : Kirche
und Geistlichkeit als Faktoren der »Nationalisierung« der Kärntner Slo-
wenen. In : T. Bahovec (Hg.) : Eliten und Nationwerdung/Elite in na-
rodovanje. Klagenfurt/Celovec [e. a.] 2003, 143–221 ; P. G. Tropper :
Nationalitätenkonflikt, Kulturkampf, Heimatkrieg. Dokumente zur Situ-
ation des slowenischen Klerus in Kärnten 1914–1921. Klagenfurt 2002 ;
V. Sima : Poljanec, Vinko. In : S. Karner (Hg.) : Kärnten und die natio-
nale Frage = S. Karner, A. Moritsch (Hg.) : Aussiedlung – Verschleppung
– nationaler Kampf, Band 1. Klagenfurt/Celovec [e. a.] 2005, 312–313 ;
H. Filipič : Die slowenischen politischen Parteien und Organisationen im 20. Jahrhundert. In : Werner Drobesch, Augustin Malle (Hg.) : Natio-
nale Frage und Öffentlichkeit (Stefan Karner [Hg.] : Kärnten und die
nationale Frage. Bd. 2.). Klagenfurt/Celovec 2005, 67–90.
Josef Till
Poljanščina Celovškega polja, → Klagenfurter Feld/
Celovško polje, Mundart.
Poljanski govor Celovškega polja, → Klagenfurter
Feld/Celovško polje, Mundart.
Pollak, Jože(f) (Josef, * 2. Februar 1874 Tržič [Gorenj-
ska], † 24./25. Juli 1940 KZ Sachsenhausen/Oranien-
burg), Priester von St. Philippen bei Sonnegg/Šentlipš
v Podjuni, in Haft im KZ Sachsenhausen/Oranienburg.
P. kam 1934 aus Amerika zurück und war zunächst
Kaplan in Eberndorf/Dobrla vas und danach Pfarrer
von St. Philippen bei Sonnegg/Šentlipš. Seine Frei-
heitserfahrung in Amerika brachte ihn nach Malle
bald in Konflikt mit den NS-Behörden, zumal er
schriftlich gegen verschiedenes Unrecht protestiert
habe. Er unterhielt weiterhin Kontakt mit ehemaligen
Mitschülern in Ljubljana und hörte verbotenerweise,
vorgeblich ohne es zu wissen, fremde Radiosender.
Nachdem er sich weigerte, deutsche Siege in Polen mit
Glockenläuten zu verkünden, sei für die Nazis das Maß
voll gewesen und er wurde laut Malle am 21. Oktober
1939 von der Gestapo verhaftet. Für ihn intervenierten
angesichts seines Alters Andreas → Rohracher, Jo-
sef Kadras und Valentin → Podgorc. Der »Schutz-
haftbefehl« der Gestapo ist mit 2. Februar 1940 da-
tiert (abgebildet in Malle 1992, S. 115). Er enthielt
die Begründung, dass er »als geistlicher in offener und
versteckter Form gegen den Staat hetzt, das Vertrauen
der Bevölkerung zur Staatsführung zu untergraben
unternimmt und zu der Befürchtung Anlass gibt, er
werde sein staatsfeindliches Verhalten auch weiterhin
fortsetzen und insbesondere während des Krieges den
Zusammenhalt der inneren Front zu stören suchen«
(zitiert nach Tropper).
P. erkrankte während seiner Haft. Das Ordinariat
versuchte ihn mit der Erstellung eines amtlichen ärzt-
lichen Attests zu retten, doch vergeblich. Wann er ins
KZ Sachsenhausen/Oranienburg gekommen ist, ist
nicht mehr zu eruieren. Štefan → Singer hat ihn an-
geblich noch einmal gesehen, weil er selbst am 29. Juni
1940 in dieses KZ verschleppt worden war.
Die Rückführung der Asche des Verstorbenen wurde
von Helena Povoden erreicht. Das Begräbnis fand
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602