Seite - 1076 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Primic, Janez Nepomuk
der Lethargie entgegenzuwirken, die unter der steiri-
schen Geistlichkeit hinsichtlich der nationalen Iden-
tität herrschte, zugleich aber wollte er wahre »volks-
nahe Lehrer« hervorbringen. Auf P. und die Societas
slovenica wurden die identitätsbewussten Slowenen der
nationalen Wiedergeburtsbewegung (→ Preporod) aus
allen slowenischen Ländern aufmerksam, mit denen
er korrespondierte. Zahlreiche Briefe aus den Jahren
1809–1812, die zunächst auch in Abschriften verbrei-
tet wurden, sind erhalten, darunter auch 65 Briefe, die
von France →
Kidrič 1934 in einer kommentierten
Ausgabe veröffentlicht wurden. Sein Brief an Valentin
→ Vodnik vom 3. August 1808 war »der erste, den
ein Anhänger der Wiedergeburtsbewegung einem
Gleichgesinnten auf Slowenisch schrieb, und zwar aus
nationalerweckerischer Motivation heraus« (Kidrič
1938, 382). Erstmals wurde hierbei der Name Slove-
nija schriftlich formuliert. Am 30. April 1812 begann
P. an der neu errichteten Lehrkanzel für Slowenisch
(»wendische Sprache«) am Grazer Lyzeum zu unter-
richten, die auf seine Initiative hin eingerichtet worden
war (→ Ethnonym »Slowene« im Deutschen ; → Win-
disch). Im Herbst 1813 erkrankte er geistig und ver-
starb 1823 in seinem Heimatort Zalog.
P. übersetzte Lyrik, Prosa und Amtstexte, redigierte
literarisches Material, schrieb selbst Gedichte, die mit
einer sofortigen Veröffentlichung, ähnlich wie jene von
Urban → Jarnik, der Romantik den Weg geebnet
hätten (A. Slodnjak). Sein Unterricht am Lyzeum
wurde dokumentiert und kritisch bewertet (B. Slod-
njak). Insgesamt gab P. vier Bücher heraus : die Über-
setzung der Franklin-Erzählung Prava pot k dobrimu
stanu [Der rechte Weg zum Wohlstand] (1812) sowie
drei Lehrbücher : das slowenische Lesebuch für Anfän-
ger Abeceda za Slovence (1812) und die zweisprachigen
Lesebücher Nemško-slovenske branja (1813) und Novi
nemško-slovenški bukvar (1814), die sowohl an Grund-
schulen als auch an Universitäten Anwendung finden
sollten und kontrastiv angelegt waren. Die zwei zwei-
sprachigen Lesebücher waren aufgrund der Berücksich-
tigung eines reichhaltigen slowenischen Wortschatzes
und der deutschen Entsprechungen bedeutend, wobei
dieser nach Wortarten bzw. semantischen Gruppen
kategorisiert war. Das erste der beiden zweisprachigen
Lesebücher wurde gleich nach dem Erscheinen nega-
tiv bewertet, wobei es sich hierbei um die erste Kritik
eines slowenischen wissenschaftlichen Buches handelt.
Der Autor könnte auf Jernej → Kopitars Wunsch hin
Jakob → Zupan (Kidrič) gewesen sein, wahrscheinli- cher ist aber, dass es sich hierbei um Matevž → Rav-
nikar handelte (Suhadolnik). Diese Kritik war einer
der möglichen Gründe für den Ausbruch von P.s geis-
tiger Erkrankung. Zu seinen Korrespondenten zählten
mindestens drei Kärntner (laut Kidrič 1934) : Urban
Jarnik (13 Briefe Jarniks an P.), Matija/Matthias
→ Schneider und Franz Ksaver von Fradeneck.
Jarnik und P. verbanden die gleiche Generation,
der Studienort Graz, ihr nationalerweckerisches En-
gagement, das Dichten, Sammeln von Vokabular und
die Lexikografie. Bei der Standardisierung der slowe-
nischen Sprache berücksichtigten beide sowohl den
steirischen als auch kärntnerischen → Dialekt. Jarnik
ließ P. u. a. gesammeltes Wortmaterial zukommen, wei-
ters seine slowenischen Lieder sowie ihre durch Johann
Georg Fellinger erstellte deutsche Übersetzung. Die
slowenischen Originale samt deutschen Übersetzun-
gen von Jarniks Gedichten Zvezdišče, Kres und De-
nica publizierte P. in Nemško-slovenske branja mit einem
Kommentar über die Dringlichkeit zur interkulturellen
Zusammenarbeit.
Werke : Abezeda sa Şlovénze, katéri ſe hózhejo Şlovénſko brati nauz-
hiti. Graz 1812 ; Prava pót k’ Dobrimu Ştanu, ali Ena beſéda ob pravim
zhaſi. Graz 1812 ; Némſhko – Şlovénſke Branja./Deutsch=Slovenisches
Lesebuch. Graz 1813 ; Novi Némſhko – Slovénſhki Bukvar, al A. B. C.
Otrokon léhko Saſtoplen./Neues Slovenisch=Deutsches der Fassungskraft
der Kinder angemessenes A. B. C. Graz 1814 ; Slavische Sprache in Inne-
rösterreich : Deutsch-slovenisches Lesebuch etc. Nemško-slovenske branja
etc., Herausgegeben von Johann Nep. Primitz, öffentlichem Professor
der slovenischen Sprache an dem Lyceo zu Gräz. Gräz 1813, 146, 8
Seiten. In : J. Kopitar : Kleinere Schriften. Wien 1857, 211–228.
Lit.: ES ; SBL ; ÖBL. – F. Kidrič : Zgodovina slovenskega slovstva od
začetkov do Zoisove smrti. Razvoj, obseg in cena pismenstva, književnosti
in literature. Ljubljana 1929–1938 ; F. Kidrič : Dobrovský in sloven-
ski preporod njegove dobe. Ljubljana 1930 ; F. Kidrič : Korespondenca
Janeza Nepomuka Primca 1808–1813. Ljubljana 1934 ; B. Milčinski-
Slodnjak : Primčeva predavanja na graškem liceju. In : Slovenski jezik 3
(1940) 98–105 ; D. Ludvik : Bridka zgodba o Janezu Primcu. In : Novi
svet 6 (1951) 588–604 ; E. Prunč : K zgodovini predavanj in slavis-
tike na graški univerzi. In : Slavistična revija 18 (1970) 241–248 ; A.
Slodnjak : Pesniška usoda Janeza Nepomuka Primca in Urbana Jarnika.
In : Razprave – Dissertationes VII (1970) 7–35 ; I. Andoljšek : Naš
začetni bralni pouk in učbeniki zanj I. 1550–1869, (2., überarb. Aufl.).
Ljubljana 1978 ; S. Suhadolnik : Kdo je avtor kritike Primčevih Branj.
In : Miklošičev zbornik. Ljubljana 1992, 615–627 ; M. Orožen : Janez
Nepomuk Primic in njegovi nazori o normiranju skupnega slovenskega
knjižnega jezika. In : Oblikovanje enotnega slovenskega knjižnega
jezika v 19. stoletju. Ljubljana 1996, 91–102 ; J. Šumrada : Janez Ne-
pomuk Primic in ustanovitev stolice za slovenski jezik na liceju v Gradcu
1811. In : Slavistična revija 50 (2002) 41–50 ; K. Sturm-Schnabl : Ak-
tualnost Miklošičevega znanstvenega dela in misli. In : Jezikoslovni zapi-
ski 10/2 (2004) 19–46 ; J. Narat : Elementi slovaropisja v Primčevih de-
lih. In : Knjižno in narečno besedoslovje slovenskega jezika (Zora 32).
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602