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Seckau
Seckau, slow. Sekova. Marktgemeinde in der Steier-
mark (Bezirk Knittelfeld), Benediktinerkloster. Das
Kloster wurde 1140 als Augustiner-Chorherren-Stift
bei St.
Marein und Feistritz von Adalram von Wal-
degg wegen seiner angeblichen delicta gegründet und
1142 wegen des Straßenverkehrs und Lärms der Ham-
merwerke hinauf nach Seckau verlegt. Dort wurde die
romanische Basilika als Abteikirche von 1143 bis 1164
erbaut. 1150 wurde von Adalrams Frau Richinza
von Perg ebenfalls wegen ihrer peccata, an das Män-
nerkloster anschließend, auch ein Augustiner-Chor-
frauen-Kloster gestiftet. Die ersten Chorfrauen kamen
aus → Salzburg. 1491, nach fast 350 Jahren, wurde das
Chorfrauenstift aufgelassen. 1218 wurde auf Veranlas-
sung des Salzburger Erzbischofs Eberhard II. in S.
ein Bischofssitz (Suffraganbistum) eingerichtet. 1270
hat man ein erstes Urbar (Güterverzeichnis) ange-
legt, das den kaum überschaubaren mittelalterlichen
Klosterbesitz zeigt. 1279 wird die von Ulrich von
Liechtenstein (→ Minnesänger) gestiftete Kapelle
eingeweiht. Dieses frühgotische Bauwerk wurde 1840
wegen Baufälligkeit abgetragen. Im Kreuzgang des
Klosters befindet sich der Grabstein des in S. begra-
benen Otakar aus der Gaal, des Verfassers der
Steirischen Reimchronik (→ Minnesänger) und seiner
Frau Elisabeth. 1883 kauften die Benediktiner der
Erzabtei Beuron das verkommende Kloster, das Joseph
II. 1782 aufgelöst hatte und das sich seither im Besitz
der Vordernberger Radmeister-Communität befand.
S. betrieb seit dem 12. Jh. solche Radwerke (das sind
Schmelz- und Hammerwerke zur Erzverarbeitung) am
Vordernberger Bach (slow. Ljubina), der bei Leoben in
die Mur mündet. Die ersten Benediktiner kamen aus
dem Prager Emaus-Kloster (Emauzy). Seit 1926 be-
steht im Kloster ein Abteigymnasium.
Weniger beachtet als der für ein Dorf überdimen-
sionale romanische »Dom im Gebirge« ist die Vorge-
schichte der Region. Es gibt, seit die Gegend Teil der
römischen Provinz Noricum mediterraneum (Hauptstadt
Virunum) wurde, eine solide Infrastruktur. Durch den
Raum Judenburg – Leoben führten Römerstraßen :
von Pöls über den Tauern nach Trieben und ins Enn-
stal (weiter nach Ovilavis/Wels oder Ivavum/Salzburg)
und nach Leoben zum Erzberg (ferrum noricum). Nach
Einführung des Christentums im gesamten Imperium
am Ende des 4. Jh.s entstanden alpine Bischofssitze in
Virunum (→ Maria Saal/Gospa Sveta), Teurnia (Li-
burnia/Lurnfeld, St. Peter im Holz/Šentpeter v lesu,
→
Millstatt (Milštat/Milje), → Molzbichl (Molec) und ein religiöses Zentrum ad Undrimas/an der Inge-
ring, die bei Knittelfeld in die Mur mündet, unweit der
Urpfarre Kobenz/Cumbanza. An diese frühchristlichen
Orte, wo es offenbar noch ein ladinisches Christentum
gab, knüpft →
Virgil von Salzburg an, als ihn Borut,
der dux (→ duces Carantanorum) des slowenischen Für-
stentums → Karantanien, um Priester bat, die seine
Untertanen im christlichen Glauben bestärken sollten
(in fide firmiter confirmare, →
Conversio). In Teurnia
amtiert im 5. Jh. ein namentlich bekannter ladinischer
Bischof Paulinus und noch 591 ein Leonianus. Wie
vorrömische Namen (Mur/lat. Murus, slow. Mura, Pöls
< Pelisa, Kobenz < Cumbantia) zeigen, gab es keltisch/
lateinische und ladinisch/slowenische → Kontinu-
ität. Um 750 schickt Virgil den Salzburger Ladi-
ner → Modestus als Weihbischof nach Maria Saal/
Gospa Sveta, der u. a. auch die Kirche ad Undrimas/
Ingering (neu) einweihte. Die Region Aichfeld/cam-
pus war ein strategisch wichtiger Kreuzungspunkt im
Alpenraum, wo mit dem Erscheinen des Slawisch/Slo-
wenischen auch ein »kroatischer« Stützpunkt (Wehr-
siedlung, → in pago Crouuati) mit dem Sitz eines Bans
in Fohnsdorf (1252 castrum Vanstorf) errichtet wurde
(und Wehrdörfer wie Judenburg < Junoboriki, Mass-
weg < Mešoviki, Prankh < Braniki, Sillweg < Žiloviki,
Strettweg < Strachoviki, Zeltweg < Selkoviki) und Ed-
linghöfe (→ Edlinger/kosezi), während die alten Kir-
chen wie Kobenz (860 ecclesia ad Chumbenzam) weiter
bestanden. Ad Undrimas/Ingering gehörte zum alpinen
Zentralraum Karantaniens. Wegen der hohen Dichte
slowenischer Namen, auch zweisprachiger, wie slo-
wenisch Graden/bairisch Burgstall, dürfte die Gegend
sprachlich lang dominant slowenisch gewesen sein, in-
klusive der kleineren Seitentäler wie die Gaal, das Tal,
aus dem der steirische Reimchronist Otakar stammt
(< Triglavlje : 1174 Trigowle, 1202 Trigevl, was auf
slow. Triglav »Dreikopf« zurückgeht als Bergname oder
Name einer »dreiköpfigen« Gottheit/trinitas (→ In-
kulturation), und die Leoben/Ljubina (Vordernberger
Bach) bis zum Präbichl (< Prepuhlo »windige Gegend«).
Auch der Name Seckau (1141 in loco Seccowe, 1147
Seccowa, 1346 Sechau) geht wahrscheinlich auf slow.
po/žega »Brandstatt« zurück. Sicher aber nicht auf das
fabulöse lat. secare (seca ! »rode !«), eine literaturübliche
mönchische Volksetymologie (→ Toponyme, alpensla-
wische [slowenische] in der Steiermark).
Im Seckauer → Verbrüderungsbuch, gleich nach der
Klostergründung (ca. 1160) angelegt, sind unter den in
einem Erzbergwerk an der Leoben/Ljubina (Vordern-
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602