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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Seite - 1333 -
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Seite - 1333 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž

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1333 Tainacher Handschrift eine für alle Slowenen einheitliche »neuslowenische« Schriftsprache herausbildete, als auf Anregung von B. →  Kopitar in der Zeit des »Purismus« aus den tra- ditionellen verschrifteten Varianten alle veralteten und calquierten bzw. entlehnten Syntaxmodelle ausgeson- dert worden waren. Diesem Prozess waren auch die älteren Kirchenlieder unterworfen. Dem entsprechend entstanden die neueren Lieder. Über die Korrektur und das Auflassen der bis dahin üblichen Kirchenlieder be- richtete mit Missfallen auch Matija →  Majar-Zilj- ski, der in seiner Sammlung alter Lieder (1846) auch deren Melodien niederschrieb, »um die edlen alten Per- len dem Vergessen zu entreißen«. Die allgemeine Einführung der einheitlichen slowe- nischen schriftsprachlichen Norm, um die in Kärnten/ Koroška U. →  Jarnik, A.  M. →  Slomšek, M. Majar- Ziljski und A. →  Janežič besondere Verdienste hat- ten, forderte ihren Tribut. In Kärnten/Koroška war dies das Abgehen von einer mehrhundertjährigen münd- lichen Tradition und der überdialektalen Schrift- und Sprachtradition der bukovniki sowie der zeitgleichen schriftlich-normativen Variante des Slowenischen von O. →  Gutsmann. Es existierten also zwei Sprachva- rianten als Grundlage für die Herausbildung der ein- heitlichen slowenischen schriftsprachlichen Norm in Kärnten/Koroška bis zur Mitte des 19. Jh.s, nämlich die ältere einheimische Variante der bukovniki sowie die der slow.-krainerischen verschrifteten Schriftsprache nähere Norm von →  Gutsmann. Die Schreiber der T.  H. haben so für die slowenische Sprachgeschichte wertvolle Texte für die Nachwelt erhalten, die auf allen Sprachebenen spezifische Besonderheiten der Spracht- radition der Bukovniki vor der Vereinheitlichung der slowenischen Schriftsprache wiedergeben. Alle, die zur T.  H. geforscht haben, sind sich einig, dass die Lieder der Handschrift eine überdialektale Sprachform spie- geln, die stilistisch und im Hinblick auf die Verskom- position durchdacht sind, und dass sie eine kultivierte archaische Sprachvariante wiedergeben, die in ihren Grundzügen die Laut- und Morphemstruktur sowie Lexik des →  Rosentaler Dialektes (rožansko narečje), ein Art Rosentaler Koiné wiedergeben. Dabei fließen funktional Elemente des Jauntaler Dialektes (podjunsko narečje) ein sowie hie und da Elemente der Kärntner Sprachnorm von Gutsmann und Elemente der slo- wenisch-krainischen Sprachnorm. Die dichterische Gestaltung der Lieder, ihre Aussagekraft und stilisti- sche Perfektion geben Zeugnis von einem traditionell gefestigten, literarischen (poetischen) Genre in der Tradition der Kärntner bukovniki, die bis dahin noch nicht bekannt war. Diese weist eine Suggestionskraft in der Aussage, eine Souveränität des Ausdrucks und die Fähigkeit aus, jeden Glaubensinhalt, Gedanken und jedes Gefühl in angemessenen Worten auszudrü- cken. Aus der historischen Perspektive bezeugt das ein hohes Niveau des Ausdrucks, der gesprochenen Spra- che und der Gesangskultur im slowenischen Sprach- raum, in dem sprachliche Interferenzen auf der Ebene des ganzen Landes bestehen, wobei auch syntaktische Lehn- und gefestigte Calque-Formen verwendet wer- den. Die Unmittelbarkeit der Empfindung, die erzähle- rische Plastizität und der Wohlgesang der Lieder wird vornehmlich mit dem Stil in der Syntax erreicht sowie mit einer funktionalen Nutzung der Wortfolge in allen syntaktischen Satzformen und mit einer funktionalen Auswahl der neuen und der adaptierten Texte (Reim- form, Bedeutungspaare), weiters mit einer Alternie- rung der Versformen (davon gibt es über 50) und mit archaischen und zeitgenössischen Lautelementen des erwähnten Dialektraumes von Tainach/Tinje hin nach →  Völkermarkt/Velikovec und nach Klagenfurt/Celo- vec. In den Liedern finden sich typische barocke bib- lische Metaphern (Marija ti žvahtna roža [Maria, du edle Rose], Jezus Sonce romeno [Jesus, du gelbe Sonne]), oftmals steht das Attribut rechts, wie wir es bereits aus den →  Freisinger Denkmälern kennen (Sin Božji [Sohn Gottes], Gospa Sveta [Maria heilige]). Verwen- det werden religiös ritualisierte poetische Stilmittel wie Metonymien, Automasien usw. (večne vesele = nebesa [ewige Freude = Himmel]) ebenso wie Bedeutungs- übertragungen (o ti zgublana, zbiežna ovčica = grešnik [Oh du verlorenes, verlaufenes Lamm = Sünder]), Ver- kleinerungsformen als Ausdruck des Feingefühls (lube dietece [liebes Kindlein], sliednja kapelca [letztes Tröpf- lein], drivce figove [Feigenbäumchen]) usw. Für einige Lieder ist der betont gesprochene dialogische Ausdruck charakteristisch, bei dem Satzteile in einem sinnhaften Kontext ausgelassen werden (so steht etwa im Lied Nr. 19 Vienahtna pesem [Weihnachtslied] : Še nisiem zaspav [Ich bin noch nicht eingeschlafen]). Bei anderen tritt die starke Expressivität der Botschaft in den Vorder- grund (Lied Nr. 56 wo es heißt : o ti zgublana ovčica [O du verlorenes Lamm]), was jeweils vom wiederge- gebenen Inhalt abhängig ist. Jedes Lied ist auf seine Art ein sprachliches Meisterwerk und erfordert eine eigenständige inhaltliche und stilistische Erörterung. Die oberflächliche sprachlich-gestalterische Form, die Wortwahl, die Syntax und wohlklingende Versform der
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
3 : PO - Ž
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
566
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
  2. Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
  3. Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
  4. Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
  5. Verzeichnis der Abbildungen 1580
  6. Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
  7. Biographien der Herausgeber 1602
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