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Trdina, Janez
aber auch Schiller, Goethe, Dante, Voltaire,
Rousseau, Puškin, Gogol und die antiken Klassi-
ker. Die Volksüberlieferung, Volksmärchen und Volks-
erzählungen, denen er in der frühen Jugend begegnete,
hatten ihn stark beeinflusst. Früh schon hatte sich T.
eine liberale Weltanschauung mit aufklärerischen Ele-
menten angeeignet, wobei er vordergründig Misstrauen
oder sogar Hass gegen die Feudalherren hegte und ei-
ner ausgesprochen nationalistischen Ausrichtung ver-
pflichtet war. Auf seine Grundschulzeit gehen als Mo-
tive seines Schreibens die nationale Propaganda und
die Opposition gegen die → Deutschtümelei zurück.
Unter dem Einfluss von Prof. Martinak im Gymna-
sium schrieb T. 1847 in deutscher Sprache sein scharfes
Pamphlet gegen die Feinde des Volkes Meine Betrach-
tungen über Krain. Die Märzrevolution löst bei T. Be-
geisterung aus und er begann sofort, sich in den neuen
Zeitungen, die nach der Aufhebung der formalen Zen-
sur 1848 entstanden waren (→ Revolutionsjahr 1848)
zu betätigen. In seinen 1849–1850 in der Zeitschrift
Slovenija erschienenen Narodne pripovedke iz bistriške
doline [Volkserzählungen aus dem Bistrica-Tal] baute
er die →
Folklore in die slowenische erzählende Prosa
ein. 1850 publizierte er in der literarischen Wochen-
zeitung → Slovenska bčela die historischen Erzählun-
gen Arov in Zman [Arov und Zman], im Ljubljanski
časnik die Pripovedka od Glasan-Boga [Die Erzählung
vom Gott Glasan], die Pripovedka od zlate hruške [Die
Erzählung von der goldenen Birne] sowie auch die
Artikelserie Pretres slovenskih pesnikov [Sichtung der
slowenischen Dichter]. Darin bewertet er teilweise die
Stellung France →
Prešerens neu. Er spricht ihm die
ästhetische Überlegenheit zu, dem zu der Zeit berühm-
ten Jovan Vesel →
Koseski vor allem Verdienste um
die nationale Erweckung. In derselben Epoche schrieb
T. auf Anregung Karel Dežmans auch Zgodovina slo-
venskega naroda [Geschichte des slowenischen Volkes].
Sie ist der erste Versuch einer slowenischen Geschichte
in slowenischer Sprache. Dieser Aufgabe war der zwan-
zigjährige enthusiastische Maturant nicht gewachsen.
Deshalb wollte er 1866 den Druck des Buches bei der
neu gegründeten → Slovenska matica [Slowenische
Gesellschaft für Wissenschaft und Kultur] verhindern.
Später wollte er eine neue Geschichte schreiben, fer-
tigte viele Exzerpte an, doch konnte er den Plan nicht
ausführen.
T.s frühe Schaffensepoche wird gekennzeichnet
durch begeistertes nationales Engagement, eklektisches
Mischen historischer, folkloristischer und mythologi- scher Elemente und Verwischung von Genregrenzen.
Zwischen literarischen und wissenschaftlichen Texten
gibt es keine klare Trennlinie. Diese Charakterzüge
bleiben auch für sein Spätwerk, das mit seiner Pensi-
onierung einsetzt, kennzeichnend, hatte T. doch wäh-
rend seiner Dienstzeit in Varaždin und Rijeka keine
bedeutenderen Texte verfasst.
In Novo mesto begann T. zunächst seine offen-
herzige Autobiografie zu schreiben Spomini [Erin-
nerungen ; erschienen erst 1946–1948]. Daneben be-
fasste er sich mit der umfassenden ethnografischen
Beschreibung der Bevölkerung der Dolenjska (vieles
im handschriftlichen Nachlass). Er verzeichnete und
beschrieb alles, was er sah und erlebte, und bereits in
den 1870er-Jahren verfasste er nach dem Vorbild des
russischen Ethnografen S. V. Maksimov handschrift-
liche Bilder und Erzählungen aus dem Volksleben. Auf
Einladung von Fran → Levec begann T. 1881 seine
Mitarbeit im → Ljubljanski zvon und publizierte bis
1888 seine Verske bajke na Dolenjskem [Religiöse Sagen
in Unterkrain] und die Bajke in povesti o Gorjancih [Sa-
gen und Erzählungen über die Gorjanci]. Er schrieb
zunächst kurze, stilistisch präzise gesetzte Geschichten
mit hauptsächlich mythologischem und fantastischem
Charakter. Nach und nach werden es längere, weniger
übersichtliche Texte, gespeist aus dem zeitgenössischen
Leben und aus der Politik. Die Angriffe vonseiten der
Deutschen, der → Deutschtümler und Katholiken auf
T. und den Ljubljanski zvon steigern sich (im Wiener
Parlament kam die Angelegenheit zur Sprache) und
Levec musste ab der 41. von geplanten 100 Sagen von
der Veröffentlichung absehen. In der Zeitschrift Slovan
erschienen 1887 T.s Hrvaški spomini [Kroatische Erin-
nerungen]. Sie lösten ebenfalls einen Skandal aus, der
den Ruin der Zeitschrift bewirkte. Erneut zog sich T.
bis 1900 aus der Öffentlichkeit zurück. Im Jahre 1900
unterzeichnete er mit dem Verleger Schwentner in
Ljubljana einen Vertrag für alle seine gedruckten und
ungedruckten Werke. Der erste Band der Zbrani spisi
[Gesammelte Schriften] mit dem Titel Bahovi huzarji
in Iliri [Bachs Husaren und die Illyrer] erschien 1903
(Herausgeber Anton → Aškerc). T. schrieb seine kro-
atischen Erinnerungen neu. In den übrigen 11 Büchern
erschien die Mehrzahl seiner publizierten und nicht
publizierten Sagen und Erzählungen, meist posthum.
Im Ljubljanski zvon veröffentlicht T. in seinem letzten
Lebensjahr eine kürzere Autobiografie Moje življenje
[Mein Leben]. T.s umfangreicher handschriftlicher
Nachlass ist bis heute nicht vollständig bearbeitet und
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602