Seite - 1389 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Uran, Anton
Kärntner Jahrbuch für Politik,
2008 Ehrfeld : Geschichte Kärntens, Bd. 1 : Das Mittelalter. Klagenfurt 1984,
594 f.; W. Stelzer : Jakob Unrest und Ladislaus Sunthaym. Der Bericht
über die Herzogseinsetzung aus den Kollektaneen Sunthayms – eine la-
teinische Fassung der Kärntner Chronik Unrests. In : Car I/163, Kla-
genfurt 1973, 181–198 ; P. Wiesflecker : Jakob Unrest. Življenje in delo
koroškega kronista na prehodu iz srednjega veka v novi vek. In : KMD
2002. Celovec 2001, 85–88 ; P. Wiesflecker : Zur Adelsliste in Jakob
Unrests Kärntner Chronik. Handschriften, Historiographie und Recht. In :
G. Pfeifer (Hg.) : Handschriften, Historiographie und Recht. Win-
fried Stelzer zum 60. Geburtstag (= Mitteilungen des Instituts für
Österreichische Geschichtsforschung, Ergänzungsband 42). Wien–
München 2002, 167–189.
Marija Wakounig
Unterrichtssprache, vgl. Sachlemmata : → Bildungs-
sprache ; →
Immersion : → Goldene Bulle aus 1356 ;
→
Relevanz und Redundanz von Sprache ; → Schul-
wesen ; → Schulwesen unter jugoslawischer Verwal-
tung in der Zone A.
Uracher Bibelanstalt, → Ungnad, Hans.
Uran, Anton (* 22. Februar 1920 [Hoher] Karl/Karov
[Techelsberg am Wörther See/Teholica ob Vrbskem
jezeru], † 23. Februar 1943 Brandenburg-Görden),
Holzarbeiter, als Zeuge Jehovas Wehrdienstverweigerer
und Opfer des Nationalsozialismus slowenischer Her-
kunft.
U. entstammte einer Gastwirtsfamilie am Hohen
Karl/Karov in St. Martin am Techelsberg/Šmartin na
Teholici in den → Ossiacher Tauern/Osojske Ture und
kam nach Jobst aus einer → »gemischtsprachigen«
[d. h. slowenischen, Anm.] Familie bzw. beherrschte
neben dem Deutschen auch die slowenische → Um-
gangssprache. Seine ethnische Identität als solche wird
allerdings in der Literatur, abgesehen von den Sprach-
kenntnissen, nicht unmittelbar thematisiert. Das Gast-
haus selbst war an der →
Sprachgrenze, wo sich nach
Jobst (2011 : 27) »Fuhrleute und Holzarbeiter der
deutschen und der → windischen [d. h. slowenischen,
Anm.] Seite [trafen]«.
U. besuchte die Volksschule in St. Martin am Te-
chelsberg/Šmartin na Teholici, wo er »sich gute sprach-
liche Kenntnisse in Deutsch [erwarb]« (Jobst 2011)
und so in der Folge, auch mangels slowenischer Schul-
bildung, schriftliche Kontakte mit seiner Familie in
Deutsch abwickelte. Seine sprachliche Sozialisation
gibt somit ein Spiegelbild der Verhältnisse im sloweni-
schen Randgebiet → Südkärntens wieder.
Als Holzarbeiter kam er wohl noch in einer »jugend-
lichen Orientierungsphase« in Kontakt mit den Wald- arbeitern und Bibelforschern Johann Stossier und
Matthäus Pibal, konvertierte nach reiflicher Überle-
gung zu den → Zeugen Jehovas und erhielt seine Was-
sertaufe im Forstsee/Boršt im September 1938. Gegen
Ende 1939 wurde er zur Deutschen Wehrmacht ein-
berufen, verweigerte dies jedoch aus religiös bedingten
Gewissensgründen, worauf er im Februar 1940 verhaf-
tet wurde. In der Folge musste er in mehreren Lagern
Zwangsarbeit leisten. 1942 wurde er vor dem Reichsge-
richt in Berlin wegen »Wehrkraftzersetzung« angeklagt
und am 22. Jänner 1943 zu Tode und zur Aberkennung
seiner bürgerlichen Ehrenrechte verurteilt (Jobst :
2010). U. wurde am 23. Februar 1943 am Schafott hin-
gerichtet.
Auf Antrag von Erasmus Uran, des Bruders des
Verurteilten, wurde das Urteil vom Landesgericht Wien
am 3. Juni 1997 aufgehoben. Nach Jobst (2010) setzte
mit diesem »Rehabilitierungsfall und dem ›Fall Jäger-
stäter‹, dessen Urteil im selben Jahr vom Landgericht
Berlin aufgehoben wurde, […] ein rechtspolitischer
Umdenkprozess [ein], an dessen Ende das sogenannte
›Aufhebungsgesetz‹ in Österreich steht, welches mit 1.
Dezember 2009 in Kraft getreten ist.«
Das Gebiet der Ossiacher Tauern/Osojske Ture
sollte während des Zweiten Weltkrieges noch eine
Reihe von Deserteuren und Widerstandskämpfern
hervorbringen, die sich am Taubenbühel/Tavplj und in
den umliegenden Wäldern versteckten (gefallene Parti-
sanen sind am Friedhof von St.
Martin am Techelsberg/
Šmartin na Teholci begraben). Jobst (2011 : 36) weiter :
»Der damals zehnjährige Erasmus Uran hinterlegte
oftmals im Auftrag seiner Mutter vor der Rieser-Hütte
am Taupel jene Lebensmittel, die den Deserteuren und
Widerstandskämpfern das Überleben sicherten, wo-
bei nicht nur die Urans, sondern auch viele Nachbarn
in der Einschicht diese Art des zivilen Ungehorsams
praktizierten. Während der letzten Kriegsmonate er-
fuhr die Bevölkerung des Dorfes die lebensbedrohende
Gefahr der Partisanenbekämpfung. In unregelmäßi-
gen Abständen tauchten SS-Männer auf, umstellten
die Häuser und verhörten die Bewohner. Im Februar
1945, Anton Uran sen. arbeitete bei einem Ossiacher
Bauern, musste der erst zehnjährige Erasmus eine trau-
matisierende Verhörprozedur über sich ergehen lassen.
[…] Nach der Befreiung Österreichs erlebte die Fa-
milie Uran einen mühsamen Übergang zur demokra-
tischen Gesellschaftsordnung …« Jobst schreibt zu-
dem (2011 : 35) : »Nach der Ermordung ihres Sohnes
musste die Familie Uran zwar nicht offen vorgetragene,
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602