Seite - 1390 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
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Uran, Erasmus
aber doch bei vielen Gelegenheiten spürbare Nachteile
einstecken. Mutter Cäcilia hatte noch viele Jahre nach
dem Ende des Nazi-Terrors nicht verwunden, dass sie
vom NS-Bürgermeister bei der Zuteilung rationierter
Lebensmittel unter Anspielung auf ihren Sohn Anton
stark benachteiligt wurde.«
Der Umgang mit den Nazi-Opfern nach dem Krieg
– und die Urans waren in mehrfacher Hinsicht Opfer –,
die nachhaltigen Diskriminierungen sowie die Täter-
Opfer-Umkehr in den Jahren und Jahrzehnten nach
dem Zweiten Weltkrieg führten zu einer Verdrängung
und Tabuisierung der jeweils eigenen Familien- und
Gruppengeschichten – und zwar obwohl ihr Enga-
gement auch im Einzelnen ein Beitrag zur Wieder-
erlangung der Souveränität Österreichs gewesen war.
Unmittelbare Folge der Diskriminierungen war die
Verankerung kollektiver posttraumatischer Belastun-
gen und die →
Assimilation, die eine Aufarbeitung erst
Jahrzehnte später in Ansätzen in Gang brachte, als eine
Wiederfindung der slowenischen individuellen und
kollektiven sprachlichen Identität unmöglich gewor-
den war und nicht mehr als gesellschaftlich bedrohlich
empfunden wurde. U. wird im Buch der Namen sowie
im Buch Wer war Klara aus Šentlipš/St. Philippen ? …
nicht unter den slowenischen NS-Opfern angeführt,
wobei Entner zahlreiche weitere slowenische Zeugen
Jehovas gerade aus dem Gebiet der → Ossiacher Tau-
ern/Osojske Ture identifiziert, so etwa die Mitglieder
der Familie →
Wolfahrt.
Quellen : Aufhebungs- und Rehabilitationsgesetz (BGBl. 110/2009).
Lit./Web : F. Kattnig : Sämtlich Slowenen – Versuch einer Dokumen-
tation. Klagenfurt/Celovec 1978 ; Die vergessenen Opfer der NS-Zeit.
Standhaft trotz Verfolgung. Begleitband zur gleichnamigen Ausstellung
der Religiösen Bekenntnisgemeinschaft der Zeugen Jehovas mit einem
Vorwort von Wolfgang Neugebauer und Johann Stadler. Wien
1999 ; V. Jobst : Anton Uran, der lange Weg zur Rehabilitierung. In :
Zeugen Jehovas – Vergessene Opfer des Nationalsozialismus ? Hg.
Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW).
Tagungsband. Wien 1999 ; M. Jurič-Pahor : Vpliv fašizma in nacio-
nalsocializma na prvo, drugo in tretjo generacijo, Primer koroški in
tržaški Slovenci, Zaključno poročilo o rezultatih raziskovalnega pro-
jekta. Ljubljana 2001 ; A. Malle : Spominjanje na pregon in upor. Er-
innerung an Vertreibung und Widerstand. In : A. Malle (Hg.) : Die Ver-
treibung der Kärntner Slowenen, Pregon Koroških Slovencev. Celovec
2002, 87–112 u. 213–247 (Zitat S. 213 f.) ; R. Moos : Die juristische
Rehabilitierung der Opfer der NS-Militärjustiz. In : R. Kohlhofer, R.
Moos (Hg.) : Österreichische Opfer der NS-Militärgerichtsbarkeit – Re-
habilitierung und Entschädigung/Colloquium. Wien 2003 ; V. Jobst :
»Sachverhalt Anton Uran« zur Erwirkung eines Aufhebungsantrages vor
dem Landesgericht Wien. Klagenfurt 2007 ; V. Jobst : NS-Widerstand
– Patriotismus – Rehabilitierung. In : K. Anderwald, P. Filzmaier, K. Hren (Hg.) : Kärntner Jahrbuch für Politik 2008. Klagenfurt 2008,
291–303, www.jahrbuchkaernten.at/fileadmin/jahrbuch/Downloads/
Jahrbuch_der_Politik_2008.pdf ; T. Walter : Standhaft bis in den Tod,
Die Zeugen Jehovas und die NS-Militärgerichtsbarkeit. In : W. Mano-
schek (Hg.) : Opfer der NS-Militärjustiz. Urteilspraxis – Strafvoll-
zug – Entschädigungspolitik in Österreich. Wien 2003 ; 342–357 ;
W. Manoschek : Kärntner Slowenen als Opfer der NS-Militärjustiz. In :
Ebd., 358–387 ; VJ [V. Jobst] : Uran Anton. In : W. Baum, P. Gstettner,
H. Haider, V. Jobst, P. Pirker (Hg.) : Das Buch der Namen. Klagen-
furt 2010, 31, 293–299, 787–789 ; B.-I. Schnabl : Asimilacija in sin-
drom posttravmatskega stresa. In : KK 2011. Celovec 2010, 117–130 ; V.
Jobst : Anton Uran – verfolgt, vergessen, hingerichtet/Anton Uran – per-
secuted, forgotten, executed. Klagenfurt 1997, 22011 (mit Faximiles und
Übertragungen der Briefe von U.) ; M. Boročnik : Odkritje spomenika
žrtvam nacističnih sodnih procesov/Enthüllung des Denkmals für die Op-
fer der nationalsozialistischen Gerichtsprozesse. In : KK 2014. Klagen-
furt/Celovec [2013], 125–134 ; D. Wutti : Die Nähe zur Vergangenheit
– Transgenerationale Übertragungen vor soziopolitischem Hintergrund.
In : T. Heise, J. Küchenhoff, I. Özkan, Ibrahim, S. Golsabahi (Hg.) :
Die Herstellung von Differenz. Zum Umgang mit Fremdheit in der
transkulturellen Psychiatrie. Psychotherapie und Psychosomatik im
deutschsprachigen Raum e. V. (DTPPP.) 6.–8. September 2012. Kli-
nik Baselland Liestal. Berlin 2013 141–149 ; D. Wutti : Drei Familien,
drei Generationen. Das Trauma des Nationalsozialismus im Leben dreier
Generationen von Kärntner Slowenen. Klagenfurt/Celovec 2013 ; B.
Entner : Wer war Klara aus Šentlipš/St. Philippen ? Kärntner Slowenen
und Sloweninnen als Opfer der NS-Verfolgung. Ein Gedenkbuch. Kla-
genfurt/Celovec 2014, 495
f.
Bojan-Ilija Schnabl
Uran, Erasmus, der jüngere Bruder des Anton → Uran.
»Urangst«, vgl. Sachlemmata : → Assimilation (und
PTBS) ; → Assimilationszwang ; → »Entethnisie-
rung« ; → Geschichtsschreibung und kognitive Disso-
nanz ; → Zweisprachigkeits-Ideologie.
Uranšek, Franc (* 13. April 1874 Loibach/Libuče
[Bleiburg/Pliberk], † 29. Jänner 1948 Klagenfurt/Ce-
lovec), Priester und Kulturaktivist.
U. wuchs zunächst beim vulgo Furjan in Loibegg/
Belovče in der Gemeinde Eberndorf/Dobrla vas auf,
wohin die Eltern bald nach der Geburt des Sohnes
übersiedelt waren. Sie führten dort ein Gasthaus, wel-
ches sie jedoch bald wieder veräußerten. Sie kauften das
Anwesen vulgo Poltnik in St. Michael/Šmihel. Hier
besuchte U. die Volksschule und wurde dann ins Gym-
nasium nach Klagenfurt/Celovec geschickt. Er absol-
vierte sechs Jahrgänge ; die 7. und 8. Klasse und die Ma-
tura legte er in Novo mesto unter dem Direktor Franc
Detela und dem Religionslehrer Jožef Marinko ab.
Im Jahre 1896 trat er in Klagenfurt/Celovec ins Pries-
terseminar ein und wurde am 19. Juli 1900 von Bischof
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
- Titel
- Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
- Untertitel
- Von den Anfängen bis 1942
- Band
- 3 : PO - Ž
- Autoren
- Katja Sturm-Schnabl
- Bojan-Ilija Schnabl
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2016
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC 3.0
- ISBN
- 978-3-205-79673-2
- Abmessungen
- 24.0 x 28.0 cm
- Seiten
- 566
- Kategorien
- Geographie, Land und Leute
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
- Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
- Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
- Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
- Verzeichnis der Abbildungen 1580
- Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
- Biographien der Herausgeber 1602