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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Seite - 1440 -
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1440 Volksabstimmung, Kärntner bis 69 des →  Vertrags von Saint-Germain). Der Gip- fel dessen war die feierliche einstimmige Erklärung des Kärntner Landtages vom 28. September 1920, in der Kärnten/Koroška und Österreich ihren Willen be- kundeten, den sprachlichen und nationalen Charakter ihrer slowenischen Landsleute »auf alle Zeiten« schüt- zen und deren geistige und wirtschaftliche Entfaltung in gleichem Maße wie jene der deutschen Einwohner fördern zu wollen. Diese Beteuerungen standen natür- lich im diametralen Gegensatz zu den Schikanen und Diskriminierungen auf der österreichischen Seite der Demarkationslinie, den vielfachen →  Internierungen 1919 von als projugoslawisch erachteten oder denun- zierten slowenischen Intellektuellen, Priestern und sonstigen Meinungsträgern sowie den Vertreibungen von Angehörigen der slowenischen Elite 1920 (→  Ver- treibung 1920). Die Volksabstimmung wurde unter vertraglich vor- gesehener internationaler Aufsicht durchgeführt. Die Vorbereitungen und die Durchführung der Abstim- mung leitete die internationale Volksabstimmungs- kommission mit Sitz in Klagenfurt/Celovec. Formell wurde der korrekte Verlauf der Abstimmung festge- stellt. Wegen des schweren nationalen Verlustes, wegen des »Verlustes der Wiege des slowenischen Volkes« ver- suchte die slowenische Seite in der Folge das Gegenteil zu beweisen. Doch obwohl einige Unregelmäßigkeiten festgestellt wurden (die Aufnahme in die Wählerevi- denz nach dem 29. September 1920, als die österrei- chische Seite rund 4.000 zusätzliche Wähler »ergänzte« sowie die Missachtung einiger Bestimmungen des Friedensvertrages, die sich auf die Durchführung der Volksabstimmungen bezogen), kann heute mit Sicher- heit festgestellt werden, dass diese Unregelmäßigkei- ten nicht entscheidend den Ausgang der Abstimmung beeinflussten, sondern höchstens das Gesamtergebnis bestärkten. Es bleibt die kritische Feststellung der slo- wenischen wie eines Teiles der österreichischen →  Ge- schichtsschreibung, dass die Volksabstimmung nicht »das richtige Instrument« für die Lösung der nationa- len Frage in Kärnten/Koroška war. Auf der feierlichen Sitzung des Kärntner Landtages am 25. November 1920 waren die Mehrzahl der vor- plebiszitären Versprechungen bereits vergessen und der Landesverweser Dr. Arthur Lemisch kündigte bereits eine rasche Germanisierung der Kärntner Slowenen an, die in einer Generation vollzogen werden solle. Die gewaltsame Germanisierung wurde so zur Staa- tsideologie in Kärnten/Koroška und bis auf wenige Ausnahmen zum Paradigma des künftigen Verhältnis- ses zwischen beiden Völkern im Land. Die Folge der so generierten »Heimatgefühle« waren Verfolgungen, Gewalt und die Verneinung des Existenzrechtes der identitätsbewussten Kärntner Slowenen, was unmit- telbar nach der Volksabstimmung zu einem massiven »Exodus« der Kärntner slowenischen geistlichen und weltlichen Intelligenz führte (→  Vertreibung 1920). Dies kann als schwerster und nachhaltigster nachple- biszitärer Schlag gegen die slowenische Volksgruppe gewertet werden. Die Kärntner Slowenen wurden zur Minderheit im mehrheitlich deutschsprachigen Österreich und wur- den zudem zum ungewünschten und verdächtigen Subjekt im Lande abgestempelt, gegen die ein ständiger »Abwehrkampf« seitens →  deutschnationaler Organi- sationen geführt wurde. Dieser betraf jeden Einzelnen, der sich als bewusster Slowene deklarierte. Tatsache ist, dass die Kärntner und die österreichische Bundesebene lange Zeit die Volksabstimmungsfeierlichkeiten als Sieg der einen gegen die anderen und als Mittel der Entzweiung und der Förderung der ethnischen Into- leranz gegenüber den Slowenen praktizierten und dass sie nicht den Schritt zu einer historischen Betrachtung vermochten, wonach bei der Volksabstimmung beide Optionen legitim und legal waren. Slowenien bzw. Jugoslawien problematisierte erst nach dem →  »An- schluss« 1938 bzw. nach dem Überfall Hitlerdeutsch- lands auf Jugoslawien 1941 die staatliche Zugehörigkeit Südkärntens und forderten nach dem Ende des Zwei- ten Weltkrieges dessen Eingliederung in Jugoslawien. Der völkerrechtliche Konflikt wurde auf diploma- tischem Wege mit der Unterzeichnung des Staatsver- trages 1955 und der Bestätigung der postplebiszitären Grenzen der Republik Österreich von 1920/1938 so- wie mit der Garantie der Rechte der Minderheit been- det. Trotz aller Versprechen und Beteuerungen wurden die Slowenen in Kärnten/Koroška im Laufe von neun Jahrzehnten von einem demografisch bedeutenden Ak- teur und Mitbewerber für eine führende Partizipation in der Kärntner Gesellschaft zu einer Gemeinschaft, deren Bestand insgesamt gefährdet und in so manchen Gegenden bereits Geschichte ist, die immer wieder auf die Versprechungen und auf die verfassungsmäßig gewährleisteten Rechte in Artikel 7 des Staatsvertrags von Wien – aufgrund des Beitrags zur Wiedererrich- tung der unabhängigen und demokratischen Republik Österreich – sowie auf die Rechte aufgrund von Artikel 19 der →  Dezemberverfassung von 1867 sowie des Ar-
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
3 : PO - Ž
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
566
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
  2. Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
  3. Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
  4. Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
  5. Verzeichnis der Abbildungen 1580
  6. Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
  7. Biographien der Herausgeber 1602
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