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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Seite - 1556 -
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Seite - 1556 - in Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška - Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž

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1556 Zweisprachigkeit gestörten Selbstbildes dem Assimilationsprozess un- terwarfen, ohne zu merken, dass sie im Grunde Opfer einer Kärntner →  »Zweisprachigkeitsideologie« waren (→  Geschichtsschreibung und kognitive Dissonanz). Kognitiv von Bedeutung ist die Zwei- oder Mehr- sprachigkeit durchaus, weil sie dem Sprecher zusätzli- che Begrifflichkeiten zur Verfügung stellt und weil sie die Möglichkeit bietet, Denkweisen und Denkmuster aus anderen kulturellen Kreisen zu integrieren. Im Kontext der gesellschaftlichen Dominanz einer Spra- che kommen jedoch bei der Reduktion der Alophonie auf eine einzige, die dominante, Fremdsprache, die Phänomene der gesellschaftlichen, wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen →  Relevanz und Redundanz der Sprache zum Tragen, wobei dies in einer ersten Phase der Z. noch nicht bewusst als Einschränkung der Ausdrucksmöglichkeit in der Muttersprache wahr- genommen wird. Gleichzeitig stellt der Gebrauch von Fremdwörtern (→  Entlehnung) bei Sprechern von dominanten Sprachen nicht das subjektive Sprachbe- wusstsein in gleichem Maße infrage wie bei Sprechern von gesellschaftlich ohnehin schon diskriminierten Sprachen, die mit dem Gebrauch von Lehnwörtern eher dazu tendieren, die eigene sprachliche (ethnische) Identität infrage zu stellen. In der Folge führt dies zuerst zu einem funktionalen Code-Switching – und bei feh- lenden Faktoren subjektiver emotionaler Relevanz der Muttersprache – zum umfassenden Sprach-Switching (→  Assimilation, →  Gemischtsprachig, →  Mischspra- che, →  Germanisierung). Das konsequente Verdrängen des Slowenischen aus dem kollektiven gesellschaftli- chen, historischen und mythologischen Bewusstsein, die Marginalisierung relevanter Lehrinhalte an Schulen der Volksgruppen und der allgemeinen Curricula sowie die Germanisierung der Ortstafeln und Ortsnamen im öffentlichen Raum insgesamt tragen zur Verringerung der subjektiven Relevanz der Sprache bei (→  »Enteth- nisierung« ; →  Identität, territoriale). Der jüngste Manifestation des Phänomens der Z. in Kärnten/Koroška ist schließlich mit der steigenden Zahl jener Kinder im zweisprachigen Unterricht ver- bunden, die nicht Slowenisch als Mutter- oder Um- gangssprache haben bzw. mit denen die Eltern nicht oder nicht mehr slowenisch gesprochen haben und die nach Abschluss der schulischen Ausbildung im Slo- wenischen keine ausreichenden Sprachkenntnisse im Slowenischen erwerben, der sie zu einer umfassenden funktionalen Kommunikation im Slowenischen befä- higen würde (→  Sprachkontakt, →  Immersion). Z. im institutionellen Sinn umfasst den Gebrauch des Slowenischen im rechtsrelevanten Umfeld neben dem Deutschen, wobei bedeutende Veränderungen in den Usancen vom literaturüblich kolportierten frühen vielsprachigen Mittelalter bis in die nationalstaatliche Neuzeit in der Geschichte auftreten. Die für das 16. Jh. identifizierte sog. →  »windische Ideologie« der Land- stände und des Adels deutet auf ein aus heutiger Sicht invertiertes Verständnis der Z. des Landes hin. Die Tat- sache etwa, dass es in josephinischer Zeit zu →  Über- setzungen von Patenten und Kurrenden ins Slowe- nische gekommen war, die zwei- oder mehrsprachig veröffentlicht wurden, weist eher auf die funktionale Bedeutung des Slowenischen hin, d. h. darauf, dass die Zielgruppen eben NICHT ›zweisprachig‹ waren. So ist die zweisprachige deutsch-slowenische Kundmachung der →  Klagenfurter Marktordnung 1793 ein Hin- weis darauf, dass die slowenischen Marktgeher nicht Deutsch konnten und sich das Deutsche als →  Lingua franca noch nicht durchgesetzt hatte – und dies ob- wohl bereits 1784 mit der Einführung des Deutschen als →  Amtssprache unter Joseph II. dieser Sprache eine besondere gesellschaftliche Funktion und Stellung zugewiesen wurde. Die institutionelle Z. im Zuge der verfassungsrechtlichen Reformen von 1849 ist von be- sonderer Bedeutung, weil sie das Konzept der Z. auf das ganze Land umsetzt. Die →  Ortsrepertorien von 1850 und 1854 wiesen alle angeführten →  Ortsnamen im gesamten Land zweisprachig, deutsch-slowenisch, aus. Die doppelsprachigen Editionen zunächst des →  Reichsgesetzblattes, dann der →  Landesgesetzblät- ter von 1849 bzw. 1850 bis Ende 1859 sind ein weiterer Hinweis auf ein, dem heutigen Konzept der Z. nicht entsprechendes, jedoch durchaus integratives Verständ- nis der Z. als Ausdruck der Binationalität des Landes (→  Kontinuität, →  Landessprache, →  Oktroyierte Märzverfassung, →  Landesverfassung 1849). Die ver- fassungsrechtlichen Reformen von 1867 und 1920 so- wie deren (Nicht-)Umsetzung bzw. in vielen zentralen Aspekten die Missachtung der Grundrechte der Slowe- nen deuten allerdings darauf hin, dass in der Folge das Konzept der weitreichenden institutionellen Z. aufge- geben und die Z. nur für die Slowenen in Betracht ge- zogen wurde. Im Hinblick auf individuelle Z. im historischen Kon- text weist Kronsteiner aufgrund von sprachwissen- schaftlichen Analysen insbesondere der Kirchentexte bzw. der christlichen →  Terminologie im Slowenischen und im Deutschen auf die frühmittelalterliche Präsenz
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Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška Von den Anfängen bis 1942, Band 3 : PO - Ž
Entnommen aus der FWF-E-Book-Library
Titel
Enzyklopädie der slowenischen Kulturgeschichte in Kärnten/Koroška
Untertitel
Von den Anfängen bis 1942
Band
3 : PO - Ž
Autoren
Katja Sturm-Schnabl
Bojan-Ilija Schnabl
Verlag
Böhlau Verlag
Ort
Wien
Datum
2016
Sprache
deutsch
Lizenz
CC BY-NC 3.0
ISBN
978-3-205-79673-2
Abmessungen
24.0 x 28.0 cm
Seiten
566
Kategorien
Geographie, Land und Leute
Kunst und Kultur

Inhaltsverzeichnis

  1. Lemmata Band 3 Po–Ž 1049
  2. Verzeichnis aller AutorInnen/BeiträgerInnen und ihrer jeweiligen Lemmata 1571
  3. Verzeichnis aller ÜbersetzerInnen und die von ihnen übersetzten Lemmata 1577
  4. Verzeichnis der BeiträgerInnen von Bildmaterial 1579
  5. Verzeichnis der Abbildungen 1580
  6. Synopsis (deutsch/English/slovensko) 1599
  7. Biographien der Herausgeber 1602
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