Seite - 8 - in Norm und Zeremoniell - Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
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EINLEITUNG8
In Hinblick auf die Forschungen zum Herrschaftszeremoniell speziell am
Wiener Hof ist festzustellen, dass der Schwerpunkt auf dem 18. sowie auf
der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts liegt.5 Nur wenige Arbeiten befas-
sen sich mit der Regierungszeit von Kaiser Franz II./I., die allerdings für die
Bearbeitung der oben angedeuteten Fragen nach „Verbürgerlichung“ bezie-
hungsweise „Modernisierung“ des Hofes eine zentrale Epoche darstellt. Die
vorliegenden Studien deuten jedenfalls an, dass dem Herrschaftszeremoniell
in Wien auch im Vormärz weiterhin eine bedeutende Rolle bei der Legitima-
tion monarchischer Herrschaft zukam. So wurde am Wiener Hof etwa ein
eigenes Zeremonielldepartement geschaffen, die Quantität der schriftlichen
Aufzeichnungen nahm sprunghaft zu, und bei der Planung zeremonieller Er-
eignisse wurde auf Modelle aus dem 18. Jahrhundert zurückgegriffen.6 In
diese Phase, die von Erneuerung im Zeichen der Tradition gekennzeichnet
ist, fällt die Verfassung des „Etiquette-Normales“ für den österreichischen
Kaiserhof“ von Gundaker Heinrich Graf Wurmbrand.
Der Begriff des „Zeremoniells“ beinhaltet auch im 19. Jahrhundert noch
jene Spezifika, die ihn im 18. Jahrhundert ausgezeichnet haben.7 Er umfasst
zwei verschiedene Bedeutungsebenen, die auf unterschiedliche Funktions-
ebenen des Hofes verweisen: Das Hofzeremoniell einerseits bezieht sich auf
die Organisation der internen Strukturen des Hofes als Wohn- und Lebens-
umfeld des Monarchen und seiner Familie. Dieser Aspekt des Zeremoniells
ordnet die alltäglichen Verrichtungen zur Aufrechterhaltung des Hofes als
Institution, die Bedienung des Herrschers und den Rang der Hofdienste,
Hofbediensteten und Hofbeamten. Das Hofzeremoniell beschäftigt sich also
„mit demjenigen, was zur Pracht, Ansehen, Glantz und Respect des Hofs und
der Herrschafft, deren Vorzügen und Verhältniß vor und gegen Fremden, de-
nen Feyerlichkeiten und Lustbarkeiten des Hofs zu wissen, zu thun und zu
lassen vonnöthen ist“.8 Das Staatszeremoniell andererseits regelt alle Ange-
legenheiten, die nicht „den Hof als Hof, in seiner innern und eigenen Verfas-
5 Zum 18. Jahrhundert vgl. z. B. duindaM, Vienna and Versailles. Pečar, Ökonomie der Ehre.
hengerer, Kaiserhof und Adel. haSSler, La cour de Vienne. Pangerl, Scheutz, Winkel-
bauer (Hg.), Wiener Hof. kubiSka-Scharl, Pölzl, Karrieren des Wiener Hofpersonals. beck,
Macht-Räume Maria Theresias. Zum 19. Jahrhundert vgl. dirnberger, Das Wiener Hofze-
remoniell. Stekl, Der Wiener Hof. haMann, Der Wiener Hof. unoWSky, The Pomp and Poli-
tics of Patriotism. cole, unoWSky (Hg.), The Limits of Loyalty. Schneider, Hofgesellschaft
und Hofstaat. dieS., Der Wiener Hof.
6 Schneider, Werner, Europa in Wien. huSSlein, grabner, teleSko (Hg.), Europa in Wien.
JuSt, Maderthaner, MaiMann (Hg.), Wiener Kongress. Schneider, Wiener Zeremoniell, S.
627.
7 Vgl. z. B. Vec, Zeremonialwissenschaft. Pangerl, Scheutz, Winkelbauer (Hg.), Wiener Hof.
Wührer, Scheutz (Hg.), Zu Diensten Ihrer Majestät.
8 MoSer, Teutsches Hofrecht, Bd. 1, S. 8.
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Norm und Zeremoniell
Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Titel
- Norm und Zeremoniell
- Untertitel
- Das Etiquette-Normale für den Wiener Hof von circa 1812
- Herausgeber
- Karin Schneider
- Verlag
- Böhlau Verlag
- Ort
- Wien
- Datum
- 2019
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY 4.0
- ISBN
- 978-3-205-20903-4
- Abmessungen
- 17.0 x 24.0 cm
- Seiten
- 202
- Kategorie
- Kunst und Kultur
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einleitung 8
- 2. Editionsrichtlinien 25
- 3. Edition 27
- Anmerkungen 169
- 4. Glossar 171
- 5. Verzeichnis der Paragraphen 180
- 6. Abkürzungsverzeichnis 182
- 7. Bibliographie 184
- 7.1 Ungedruckte Quellen 184
- 7.2 Gedruckte Quellen 184
- 7.3 Nachschlagewerke 185
- 7.4 Literatur 186
- 8. Personenregister 194