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Allgemeine Rechtsfolgen
Unabhängig davon, ob der Verkäufer die erforderlichen Lieferanstrengun-
gen unterschreitet oder nicht, ob er also die Nichtleistung zu vertreten hat
oder nicht, kann der Käufer im Falle einer Nichterfüllung durch den Ver-
käufer zunächst nach §320 BGB den Kaufpreis zurückhalten, sofern dieser
noch nicht bezahlt ist. Darüber hinaus kann er nach §323 Abs.1 BGB dem
Verkäufer eine Frist zur Lieferung setzen und nach deren fruchtlosem Ab-
lauf vom Vertrag zurücktreten. Der Verkäufer schuldet dann die Erstat-
tung eines evtl. bereits bezahlten Kaufpreises (§346 Abs.1 BGB).
Rechtsfolgen bei zu vertretender Nichtleistung
Nunmehr sind die Rechtsfolgen zu untersuchen, die eintreten, wenn die
Leistungsanstrengungen des Verkäufers hinter dem geschuldeten Maß zu-
rückbleiben und er deswegen nicht leistet. Derartige Fälle dürften nicht
selten sein, etwa wenn ein Verkäufer nicht bereit ist, Aufwendungen zu er-
bringen, die den Kaufpreis überschreiten, ohne dass ein Fall des §313
Abs.1 BGB bzw. eines vertraglichen Selbstbelieferungsvorbehalts vorliegt.
In diesem Fall kommt der Verkäufer nach einer Mahnung des Käufers
in Lieferverzug. Dementsprechend schuldet er dem Käufer den Ersatz des
Verzögerungsschadens, etwa Anwaltskosten zur Durchsetzung seines An-
spruchs (§§280 Abs.1, Abs.2, 286 BGB). Hinzu kommt, dass der Käufer
dem Verkäufer eine Nachfrist zur Lieferung setzen kann und nach deren
fruchtlosem Ablauf berechtigt ist, Schadensersatz statt der Leistung zu ver-
langen (§§280 Abs.1, Abs.3, 281 Abs.1 BGB). Das bedeutet im prakti-
schen Ergebnis, dass er sich die ausgebliebene Leistung nunmehr am frei-
en Markt beschaffen kann (soweit möglich), und etwaige Mehrkosten vom
Verkäufer ersetzt erhält. Voraussetzung ist lediglich, dass der Verkäufer
mit seinen Anstrengungen zur Lieferung hinter denjenigen zurückbleibt,
die er nach den vorstehenden Ausführungen schuldet (§280 Abs.1 S.2
BGB).
Am obigen Beispiel der Webcam illustriert bedeutet dies, dass der Käu-
fer nunmehr, wenn der Verkäufer die für 100 € verkaufte Kamera trotz
Nachfristsetzung nicht liefert, die Kamera für 200 € bei der Konkurrenz
kaufen und die Differenz von 100 € vom Verkäufer verlangen könnte. Der
Verkäufer, der nicht bereit war, die Kamera für 160 € am Markt zu kaufen
und damit 60 € Verlust gegenüber dem Vertragspreis zu machen, verlöre
dadurch selbst den Vertragspreis und müsste zusätzliche 100 € an den Käu-
fer bezahlen. Auch dies gilt selbstverständlich nur unter der Vorausset-
II.
III.
Thomas Riehm
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
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- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
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