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Kündigungsrecht des Bestellers (§§648f. BGB)
Selbstverständlich kann der Besteller jederzeit den Werkvertrag nach §648
BGB kündigen; dieses Kündigungsrecht ist für ihn allerdings unattraktiv,
weil er dann den gesamten Werklohn abzüglich der ersparten Aufwendun-
gen des Unternehmers schuldet. Ein Kündigungsrecht des Bestellers aus
wichtigem Grund gemäß §648a BGB wird man jedenfalls bei Bauverträ-
gen allenfalls in extremen Ausnahmefällen annehmen können, weil ihm
in der Regel trotz der vorübergehenden Störung zugemutet werden kann,
den Vertrag nach Ende der Störung fortzusetzen. Anerkanntermaßen be-
steht ein Kündigungsrecht nach §648a BGB allerdings dann, wenn der
Unternehmer sich weigert, der gebotenen Anpassung des Vertrages gemäß
§313 BGB zuzustimmen.60 Gleiches gilt regelmäßig, wenn der Bauunter-
nehmer infolge der Covid-19-Pandemie Insolvenz anmeldet.61 Nach einer
solchen außerordentlichen Kündigung kann der Unternehmer dann eine
Teilvergütung für den bereits erbrachten Leistungsteil verlangen (§648a
Abs.5 BGB).
Rücktritt des Bestellers (§323 BGB)
Möglich bleibt wie im Kaufrecht ein Rücktritt des Bestellers nach §323
Abs.1 BGB, wenn der Fälligkeitstermin für die Leistung des Werkunter-
nehmers bereits überschritten ist und der Besteller dem Unternehmer eine
angemessene Nachfrist gesetzt hat, die fruchtlos abgelaufen ist. Die Nach-
fristsetzung ist wie im Kaufrecht gemäß §323 Abs.2 Nr.2 BGB entbehr-
lich, wenn ein sogenanntes „relatives Fixgeschäft“ vorliegt. Ein solches
Rücktrittsrecht wird man in aller Regel bei Beförderungsverträgen anneh-
men können, die für einen bestimmten Termin abgeschlossen wurden, et-
wa ein Zug-, Flug- oder Busticket für eine bestimmte Verbindung. Hier
liegt zwar nach zutreffender Auffassung kein absolutes Fixgeschäft vor,
weil die Beförderungsleistung als solche auch zu einem späteren Termin
noch erbracht werden kann;62 regelmäßig wird der Kunde an ihr aller-
dings kein Interesse mehr haben, weil das Ticket für einen konkreten, zeit-
a)
b)
60 W. Voit, in: H. G. Bamberger et al. (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar zum
BGB (Fn.11), 1.2.2019, §648a Rn.4.
61 Näher H. Reiter, in: beck-online.Großkommentar zum Zivilrecht (Fn.14),
1.4.2020, §648a Rn.26ff.
62 BGH NJW 2009, 2743 (zur Flugreise).
Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
- Niemand zahlt mehr Miete!? ‑ Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
- Transportrecht in der Corona-Krise 205
- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245