Seite - 42 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
Bild der Seite - 42 -
Text der Seite - 42 -
esse an der Leistung weggefallen ist oder ihm ein weiteres Zuwarten bis zu
einer möglichen Nachholung der Leistung nicht mehr zumutbar ist.79
Störungen auf Seiten des Dienstberechtigten
Tritt die Störung auf Seiten des Dienstberechtigten ein, obwohl der
Dienstverpflichtete seine Leistung an sich erbringen könnte (z.B. der Ver-
anstalter muss das Konzert, für das ein Security-Unternehmen beauftragt
war, wegen eines generellen Veranstaltungsverbots absagen), so kommt
dieser in Annahmeverzug und schuldet nach §615 BGB gleichwohl die
Vergütung. Anders als bei §642 BGB hat die Rechtsprechung zu §615
BGB bisher keine Einschränkungen in dem Sinne vorgenommen, dass die
Nichtannahme der Dienstleistung nicht auf höherer Gewalt beruhen dür-
fe; nach h.M. gilt §615 BGB unabhängig davon, ob der Gläubiger die
Dienste nicht annehmen kann oder nicht annehmen will.80 Allerdings
sind derartige Fälle, soweit ersichtlich, bisher auch noch nicht zu Gericht
gelangt. Soweit das BAG den Annahmeverzug ausschließt, weil dem Ar-
beitgeber „nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Gepflogen-
heiten des Arbeitslebens die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar
ist“,81 betrifft diese Rechtsprechung ausschließlich Fälle, in denen der Ar-
beitnehmer durch sein Verhalten (z.B. Straftaten gegen den Arbeitgeber)
diesem die Annahme der Arbeitsleistung unzumutbar gemacht hat. Objek-
tive Unzumutbarkeitsgründe oder Unmöglichkeitsgründe wie die hier vor-
liegenden behördlichen Anordnungen sind davon nicht umfasst.
Die Anwendung des §615 BGB setzt allerdings voraus, dass der Dienst-
verpflichtete zur Leistung der Dienste tatsächlich bereit und in der Lage
ist.82 Liegt also zugleich ein Fall der Verhinderung des Dienstverpflichte-
ten vor (s. oben F.I), gehen die Rechtsfolgen der (vorübergehenden oder
endgültigen) Unmöglichkeit vor, sodass dem Dienstverpflichteten kein
Annahmeverzugshonorar zusteht.
II.
79 S. auch Bacher, Corona-Pandemie (Fn.7), S.519: Kündigungsrecht nach §314
BGB.
80 M. Bieder, in: beck-online.Großkommentar zum Zivilrecht (Fn.14), 1.2.2020,
§615 Rn.15; R. Richardi/P. Fischinger, in: J. von Staudinger (Hrsg.), Kommentar
zum Bürgerlichen Gesetzbuch (Fn.22), 2016, §615 Rn.95.
81 BAG NJW 2016, 1977; NZA 2014, 1082; Dötterl (Fn.76), §293 Rn.94ff.
82 A. Baumgärtner, in: H. G. Bamberger et al. (Hrsg.), Beck'scher Online-Kommentar
zum BGB (Fn.11), 1.2.2020, §615 Rn.12.
Thomas Riehm
42
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
zurück zum
Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
- Niemand zahlt mehr Miete!? ‑ Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
- Transportrecht in der Corona-Krise 205
- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245