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Detailerwägungen nach nationalem Recht
Hinweise zu IPR und IZVR sowie Rechtsvergleichung vor der Klammer
An dieser Stelle findet umfangbedingt keine eingehende Erörterung der
Bestimmung des anwendbaren Sachrechts statt. Ebenso wenig wird eine
rechtsvergleichende Analyse35 angeboten. Beides eignete sich ohne Weite-
res für eine eigenständige Abhandlung. Es sollen nur die folgenden knap-
pen Hinweise zum Vertragsstatut und zu Art.9 Abs.2 vs. 3 Rom I VO ge-
geben werden:
Das Recht des Wegfalls der Geschäftsgrundlage folgt gemäß Art.12
Abs.1 lit.c Rom I VO dem Recht des jeweiligen Vertrages (Vertragssta-
tut),36 so dass die Bestimmung bei bestehender Rechtswahl nach Art.3
Rom I VO und im Übrigen nach den Art.4ff. Rom I VO abläuft.37 Proble-
matisch kann die Beachtung von Eingriffsnormen sein. Während Eingriffs-
normen des Gerichtsstaats mit Blick auf die Gesetzesbindung streng geach-
tet werden müssen (Art.9 Abs.2 Rom I VO), gilt für Eingriffsnormen an-
derer Staaten ein nach h.M. weniger strenges Berücksichtigungsgebot
(Art.9 Abs.3 Rom I VO).38 Das dürfte in Fällen von Strafnormen oder
Ordnungswidrigkeiten kaum Sorgen bereiten, da in diesen Bereichen re-
gelmäßig davon ausgegangen werden kann, dass auch mit Blick auf das
Sachrecht fremde Gerichte die jeweilige Eingriffsnorm als zwingend erach-
ten werden. Demgegenüber mag man auch zivilrechtliche Anpassungen
wie Art.240 EGBGB und staatliche Ausgleichsvorschriften wie §56 IfSG
im Hinblick auf das Recht des Wegfalls der Geschäftsgrundlage als Ein-
griffsnormen erachten. Hier dürfte es keineswegs mehr als Selbstverständ-
lichkeit gesehen werden, dass diese unter dem Regime des Art.9 Abs.3
Rom I VO hinreichend zum Zuge kommen. Daraus folgt, dass der Streit
um die korrekte Bestimmung des Forums nach Art.7 Nr.1 EUGVVO39 er-
heblich an Bedeutung gewinnt, wenn eine solche Schnittstelle im materiel-
len Recht droht. Man wird diesen Komplex bei grenzüberschreitenden
C.
I.
35 Hierzu S. Martens (Fn.34), §313 Rn.19ff.
36 Vgl. M. Weller, in: BeckOGK Rom I VO, München Stand 1.2.2020, Art.12 Rn.30
mwN.
37 Ebenso M. Weller/M. Lieberknecht/V. Habrich, Leistungsstörungen (Fn.3), S.1017.
38 Ausführlich F. Maultzsch, in: BeckOGK Rom I VO, München Stand 1.2.2020,
Art.9 Rn.130ff. mwN.
39 Hierzu P. Gottwald, in: MüKo ZPO, Bd. 3, 5.Aufl., München 2017, Art.7
EuGVVO Rn.3ff.
Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf Vertragsstörungen?
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
- Niemand zahlt mehr Miete!? ‑ Die Corona-Krise und ihre Auswirkungen auf die Pflicht zur Mietzahlung 147
- Aktuelle Probleme im Reiserecht durch die Corona-Krise 175
- Transportrecht in der Corona-Krise 205
- Das Arbeitsvertragsrecht in der Coronakrise 223
- Vertragsrecht in der Corona-KriseCOVInsAG: Auswirkungen auf die Insolvenzantragspflicht und die Haftung der Organe 245