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auf die Gegenleistung nach §326 Abs.1 BGB.19 Konsequenterweise wird
man dem Gläubiger auch das Recht zugestehen müssen, eine bereits er-
brachte Gegenleistung zurückzuverlangen, und zwar ohne dass dafür eine
Aufhebung des Vertrags erforderlich ist.20 Wiederum ergibt sich der Rück-
forderungsanspruch aus §326 Abs.4 BGB oder aus §§812 Abs.1 Satz1
Var. 1, 326 Abs.1 BGB, je nachdem, ob die Gegenleistung erbracht wurde,
bevor oder nachdem der Anspruch des Schuldners auf die Gegenleistung
erloschen ist.21
Schon weil sich in Fällen vorübergehender Unmöglichkeit eine
Schlechterstellung des Gläubigers gegenüber Fällen verbietet, in denen
sich die Leistung lediglich verzögert, steht dem Gläubiger auch ein Rück-
trittsrecht zu, das sich nach herrschender Auffassung aus einer (mangels
Fälligkeit der Leistung) analogen Anwendung des §323 Abs.1 BGB er-
gibt.22 Dabei ist freilich nicht recht ersichtlich, was mit der Anwendung
von §323 Abs.1 BGB anstelle des systematisch besser passenden §326
Abs.5 BGB gewonnen ist, zumal bei vorübergehender Unmöglichkeit dem
Schuldner die Leistung innerhalb einer angemessenen Frist regelmäßig
weiterhin nicht möglich sein wird, ohne dass der Schuldner dies beeinflus-
sen könnte. Jedenfalls verliert das Fristsetzungserfordernis seinen Sinn, so-
bald sich die Aussicht, dass die Leistung wieder möglich wird, zerschlägt;
das Rücktrittsrecht folgt dann ohne weiteres aus §326 Abs.5 BGB.23
Schadensersatzpflicht des Schuldners
Schadensersatzansprüche des Gläubigers können zum einen auf Ersatz des
Verzögerungsschadens gerichtet sein. Dieser ist schon deswegen nach §280
2.
19 Wie hier C.-W. Canaris, Die Reform des Rechts der Leistungsstörungen JZ 2001,
S.499 (500); Staudinger/G. Caspers, 2019, BGB §275 Rn.50; a.A. BeckOGK/T.
Riehm, 1.2.2020, BGB §275 Rn.164 (nur Einrede nach §320 BGB); offen lassend
MüKoBGB/W. Ernst, 8.Aufl. 2019, BGB §275 Rn.144 (Anwendung von §326
Abs.1 BGB dürfte nicht erforderlich sein wegen ausreichenden Schutzes des
Gläubigers durch §320 BGB).
20 Wie hier C.-W. Canaris, Reform (Fn.19), S.500, der den Anspruch aus §326
Abs.4 BGB bejaht; a.A. A. Arnold, Vorübergehende Unmöglichkeit (Fn.15),
S.868; MüKoBGB/W. Ernst, 8.Aufl. 2019, BGB §275 Rn.144; BeckOGK/T.
Riehm, 1.2.2020, BGB §275 Rn.167.
21 Siehe oben unter II.1.b).
22 MüKoBGB/W. Ernst, 8.Aufl. 2019, BGB §275 Rn.151f.; BeckOK BGB/S. Lorenz,
53. Ed. 1.2.2020, BGB §275 Rn.41.
23 MüKoBGB/W. Ernst, 8.Aufl. 2019, BGB §275 Rn.146.
Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
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