Seite - 136 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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nicht in Verzug kommen kann. Die Regelung soll daher Fälle erfassen, in
denen zwar die Voraussetzungen des §498 Abs.1 S.1 Nr.1 BGB bereits
vor dem 1.4.2020 vorlagen, die gem. §498 Abs.1 S.1 Nr.2 BGB zu setzen-
de Frist aber am 1.4.2020 noch nicht abgelaufen oder die Kündigung noch
nicht erklärt war.158
Nach dem klaren Gesetzeswortlaut werden sonstige Kündigungsrechte
der Bank nicht ausgeschlossen. Neben einer außerordentlichen Kündigung
gem. §§313, 314 BGB159 gilt das vor allem für die Kündigung beim unbe-
fristeten Darlehen gem. §488 Abs.3 BGB. Dies erscheint plausibel, weil
die Kündigungsfrist gem. §488 Abs.3 S.2 BGB drei Monate beträgt und
damit nicht kürzer ist als das Moratorium des Art.240 §3 EGBGB. Aller-
dings wird auch das in Nr.19 Abs.2 AGB-Banken davon abweichend vor-
gesehene jederzeitige Kündigungsrecht nicht ausgeschlossen. Danach kann
die Bank Kredite und Kreditzusagen, für die keine Laufzeit vorgesehen ist,
jederzeit ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wobei sie auf
die Belange des Kunden Rücksicht nehmen muss.160 Diese Möglichkeit hat
der Gesetzgeber in §504 Abs.1 S.4i.V.m. §499 Abs.1 BGB sowie in §504
Abs.2 S.1 BGB für eingeräumte Überziehungen sowie in §505 Abs.4 BGB
für geduldete Überziehungen ausdrücklich anerkannt (s.o. D.I.3). Bei an-
deren Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen kann die Kündigungsfrist
des §488 Abs.3 S.2 BGB auf zwei Monate verkürzt werden (§499 Abs.1
BGB). Kündigt der Darlehensgeber ein unbefristetes Darlehen nach §488
Abs.3 BGB, Nr.19 Abs.2 AGB-Banken, kann aber der mit Wirksamwer-
den der Kündigung entstehende Rückzahlungsanspruch nach Art.240 §3
Abs.1 EGBGB gestundet sein.161
Sonderregelung für Gesamtschulden
Gesetzliche Regelung
Art.240 §3 Abs.7 EGBGB bestimmt, dass Abs.1–6 entsprechend für den
Ausgleich und den Rückgriff unter Gesamtschuldnern nach §426 BGB gel-
ten. Dazu heißt es in der Gesetzesbegründung, die Vorschrift solle eingrei-
V.
1.
158 BT-Drucks. 19/18110, S.39.
159 Köndgen (Fn. 24), Art.240 §3 EGBGB Rn.60.
160 Diese Rücksichtnahmepflicht kann dazu führen, dass dem Kunden eine gewisse
Schonfrist einzuräumen ist, s. Berger (Fn. 122), §488 Rn.240.
161 Köndgen, Verbraucherkreditrecht (Fn. 88), S.215.
Ann-Marie Kaulbach und Bernd Scholl
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
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