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fen, wenn von mehreren Darlehensnehmern als Gesamtschuldnern zu-
gunsten eines der Schuldner die Stundungswirkung des Abs.1 eintrete, zu-
gunsten des anderen, etwa weil er keine Einnahmeminderung erleide,
nicht. „In diesem Fall soll der Gläubiger während des Stundungszeitraums
nicht berechtigt sein, gemäß §426 Abs.1 BGB den gestundeten Betrag von
den anderen zusätzlich zu deren Anteil zu verlangen. Auch wenn einer
von mehreren Gesamtschuldnern den Gläubiger befriedigt, soll er wäh-
rend des Stundungszeitraums nicht von den übrigen Schuldnern gemäß
§426 Abs.2 BGB Ausgleich verlangen dürfen.“162 Diese Ausführungen ver-
kennen grundlegend, dass sich aus §421 BGB, nicht etwa aus §426 Abs.1
BGB ergibt, dass der Gläubiger unter mehreren Gesamtschuldnern die
freie Wahl hat. Für die in der Begründung behaupteten Folgen für den
Gläubiger lässt sich dem Gesetz nicht einmal ein Anhaltspunkt entneh-
men. Der Wortlaut der Norm beschränkt sich eindeutig auf den Ausgleich
und den Rückgriff unter Gesamtschuldnern. Daher kann die Norm auch
nicht teleologisch oder historisch in die von den Entwurfsverfassern offen-
bar beabsichtigte Richtung ausgelegt werden.163 Die Stundung tritt also
nur gegenüber dem Gesamtschuldner ein, für den die Voraussetzungen
von Art.240 §3 Abs.1 EGBGB erfüllt sind. Von dem bzw. den anderen
kann der Darlehensgeber die volle Summe verlangen. Lediglich im Innen-
ausgleich wird der Rückgriffsanspruch des zahlenden Gesamtschuldners
gegen den betroffenen Gesamtschuldner um jeweils drei Monate aufge-
schoben (Art.240 §3 Abs.7i.V.m. Abs.1 EGBGB); das gilt mangels abwei-
chender Vereinbarung auch für Rückgriffsansprüche hinsichtlich späterer
Raten (Art.240 §3 Abs.7i.V.m. Abs.5 S.2 EGBGB).
Soweit Art.240 §3 Abs.7 EGBGB auf weitere Absätze verweist, insbes.
auf Abs.3, ist die Bedeutung fraglich. Im Verhältnis zwischen den Gesamt-
schuldnern kommt eine Kündigung nicht in Betracht. Ein Ausschluss des
Kündigungsrechts der Bank aus §498 BGB, falls bei zwei Gesamtschuld-
nern der von der Pandemie betroffene Gesamtschuldner die Zahlungen
einstellt und der andere nur die Hälfte leistet, lässt sich zwar Art.240 §3
Abs.7 EGBGB selbst nicht entnehmen. Allerdings dürfte eine derartige
Kündigung aus anderem Grunde ausgeschlossen sein: Ein von mehreren
aufgenommenes Darlehen kann nur einheitlich gekündigt werden, und in
der Person jedes Verbrauchers müssen die Voraussetzungen des §498 BGB
162 BT-Drucks. 19/18110, S.40.
163 So auch Lühmann, Moratorium (Fn. 85), S.1324; Herresthal, Verbraucherdarle-
hensrecht (Fn. 92), S.999. Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art. 240 EGBGB
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
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