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Von Art.240 EGBGB können vor allem Selbständige im Hinblick auf
ihre privat (also als Verbraucher) eingegangenen Dauerschuldverhältnisse
profitieren. Selbständige sind stärker von den Folgen der Pandemie betrof-
fen als abhängig Beschäftigte, deren Einkommen sich typischerweise allen-
falls verringert. Auch Kleinstunternehmer werden von der Regelung in
Art.240 §1 EGBGB geschützt, nicht aber etwas größere Betriebe, etwa des
Einzelhandels oder Hotel- und Gaststättengewerbes. Warum der Gesetzge-
ber diese Betriebe nicht für schutzwürdig erachtet, bleibt offen. Möglicher-
weise soll es hier andere Unterstützungsmaßnahmen geben. So sieht das
Konjunkturpaket, auf das sich die Regierung am 4.6.2020 verständigt hat,
für die von der Krise besonders betroffenen Unternehmen eine Erstattung
von 50% (bei einem Umsatzrückgang von mindestens 50% gegenüber
dem Vorjahr) oder sogar 80% (bei Umsatzrückgang von mindestens 70%)
der fixen Betriebskosten durch den Staat vor. Der maximale Erstattungsbe-
trag soll 150 000 Euro für drei Monate betragen. Ob diese Hilfen ausrei-
chen, bleibt abzuwarten.191
Ohnehin können die hier untersuchten Regelungen die durch die CO-
VID-19-Pandemie ausgelösten wirtschaftlichen Verwerfungen nicht behe-
ben. Es geht offensichtlich nur darum, Zeit für weitere Maßnahmen zu ge-
winnen. Seit Mitte April werden die Beschränkungen des Wirtschaftsle-
bens wieder gelockert. Die Geschäfte dürfen jetzt wieder öffnen, wenn sie
die neuen Hygienevorschriften einhalten. Auch zeitweise verbotene
Dienstleistungen sind jetzt wieder zulässig. Nach wie vor stark betroffen
sind neben Hotels und Restaurants die Veranstalter von Kultur-, Sport-
und Freizeitveranstaltungen, zu deren Gunsten Art.240 §5 EGBGB einge-
führt wurde. Es steht zu hoffen, dass sich das Wirtschaftsleben weiter nor-
malisieren und die befürchtete „zweite Infektionswelle“ ausbleiben wird.
Andernfalls wird der Gesetzgeber nicht mehr mit vorübergehenden Notlö-
sungen auskommen, um die Krise zu bewältigen.
191 Krit. Scholl, Art.240 EGBGB (Fn. 18), S.773 im Hinblick auf die für mittelstän-
dische Unternehmen zunächst nur vorgesehenen Kredite.
Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art. 240 EGBGB
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
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- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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