Seite - 148 - in Vertragsrecht in der Coronakrise
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chen Lebens durch die Corona-Krise, heißt es dort, hätten etwa die in vie-
len Innenstädten präsenten Unternehmen H&M, Adidas, Deichmann,
Christ, Saturn und Mediamarkt beabsichtigt, ab April keine Miete mehr
für ihre geschlossenen Standorte zu überweisen.2 Auch viele weitere Un-
ternehmen dürften entsprechende Überlegungen angestellt haben bzw. an-
stellen.
Zur Begründung eines solchen Zahlungsstopps wird mitunter auf das
neue sog. „Corona-Rettungsgesetz“3 verwiesen.4 Bundesjustizministerin
Christine Lambrecht, die den Zahlungsstopp finanzstarker Unternehmen als
„unanständig und nicht akzeptabel“ geißelte, erklärte, die „Corona-Hilfs-
gesetze böten dafür keine Grundlage“.5 Zwar ist Adidas unterdessen wie-
der zurückgerudert und hat die Miete für April wohl überwiesen. Gleich-
wohl stellt sich – abgesehen von der moralischen Bewertung eines Zah-
lungsstopps als anständig oder unanständig – auch aus juristischer Per-
spektive die Frage, wer nun Recht mit seiner Einschätzung hat – Frau Lam-
brecht oder die Mieter, die ihre Miete nicht zahlen wollen? Dieser Frage,
die auch bereits Drygala in einem Beitrag in der LTO aufgeworfen hat,6
soll im Folgenden genauer nachgegangen werden. Hierzu ist zunächst zu
klären, ob die einschlägige Regelung des Corona-Rettungsgesetzes, näm-
lich der neue Art.240 §2 EGBGB, als Rechtfertigung dafür herangezogen
werden kann, dass etwa ein Konzern wie Adidas mit einer Netto-Cash-Po-
sition von ca. 873Mio. € (Stand Ende 2019), seinen vertraglichen Pflichten
zur Mietzahlung nicht nachkommt (hierzu unter B.). Darüber hinaus gilt
es zu bestimmen, welche weiteren Gründe es aus Sicht des Mieters geben
könnte, die Entrichtung der vereinbarten Miete vollständig oder teilweise
zu verweigern – ob also die angekündigten Zahlungsverweigerungen tat-
sächlich „nicht akzeptabel“ sind ( hierzu unter C.).
2 Abrufbar unter: https://www.manager-magazin.de/politik/artikel/corona-krise-han
del-hotels-restaurants-niemandzahlt-mehr-miete-a-1305795.html (zuletzt abgerufen
am 21.04.2020).
3 Gesetz zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz-
und Strafverfahrensrecht, BT-Drucks. 19/18110.
4 https://www.manager-magazin.de/politik/artikel/corona-krise-handel-hotels-restaur
ants-niemandzahlt-mehr-miete-a-1305795.html (zuletzt abgerufen am 21.04.2020).
5 www.rnd.de/politik/adidas-und-hm-wollen-keine-miete-mehr-zahlen-lambrecht-em
port-YOQLJASEAYCMR7E6EYXZ7YMLR4.html (zuletzt abgerufen am
21.04.2020).
6 T. Drygala, Corona und ausbleibende Gewerbemieten: Adidas handelt juristisch
vertretbar, in: Legal Tribune Online, 30.03.2020, abrufbar unter: www.lto.de/persis
tent/a_id/41145/ (zuletzt abgerufen am 21.04.2020).
Jonas David Brinkmann
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https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
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