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weise aktuell auch noch nicht bestimmt werden. Wie sich die Lage des
Reisenden in Zukunft darstellen und ob er über die Möglichkeiten ver-
fügt, eine vergleichbare Reise erneut anzutreten,112 wird auf diese Weise
seinem Risiko überantwortet. Auch wenn der Gesetzgeber durch staatliche
Garantien oder besondere Möglichkeiten, dennoch die Auszahlung zu for-
dern, einen Teil der Nachteile abwenden würde,113 verbliebe letztlich
gleichwohl eine spürbare Verschlechterung der Position des Reisenden.
Rechtliche Bewertung
Die rechtspolitischen Fragestellungen können aber im Ergebnis offenblei-
ben. Eine derartige Änderung kann durch den deutschen Gesetzgeber un-
abhängig von verfassungsrechtlichen Fragen114 ganz überwiegend selbst-
ständig nicht erfolgen, weil sie sich in Widerspruch zum europäischen
Recht setzen würde.115 Dies wird besonders plastisch für die Flug-, Bus-
und Binnenschifffahrtsreisen. Hier ergeben sich die Rechte des Kunden
unmittelbar aus einer europäischen Verordnung, die durch den deutschen
Gesetzgeber bereits kompetenziell nicht geändert werden kann.116 Eingrif-
fe des Bundestages verbieten sich an dieser Stelle von vornherein.
Doch auch im Reisevertragsrecht lassen sich die angedachten Änderun-
gen nicht durch eine Entscheidung des nationalen Gesetzgebers verwirkli-
chen. Die Verpflichtung zur Rückzahlung in Geld ist nämlich durch die
Pauschalreise-RL determiniert und entzieht sich daher einer Gestaltung
durch die deutsche Legislative. Gem. Art.4 Pauschalreise-RL ist diese voll-
harmonisierend, so dass dem nationalen Gesetzgeber weder Abweichun-
2.
112 Dabei kommt es nicht zuletzt auch auf die Frage an, ob der oder die Reisenden
später noch Zeit finden werden, eine Reise dieses Umfangs anzutreten.
113 In diese Richtung weisen zumindest die Beschlüsse des „Corona-Kabinetts“ vom
02.04.2020 und die Pressemitteilung des Presse- und Informationsamts der Bun-
desregierung Nr.118.
114 Diese bestehen vor allem in den Fragen zur Zulässigkeit der Rückwirkung. Siehe
dazu: H. Maurer, Staatsrecht I, 6.Aufl. München 2010, §17 Rn.101ff.; H. Sodan/
J. Ziekow, Grundkurs öffentliches Recht, 8.Aufl. München 2018, §7 Rn.45ff.
115 Anders aber unter Bezugnahme auf Wertungen des Primärrechts: Staudinger/
Achilles-Pujol (Fn. 10), §7 Rn.114ff.
116 Siehe auch die Bekanntmachung der Kommission vom 18.03.2020 „Interpretati-
ve Guidelines on EU passenger rights regulations in the context oft he develo-
ping situation with Covid-19“, Nr.2.2.
Patrick Meier
200
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
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- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
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- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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