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Ersatz von Mehraufwendungen des Frachtführers
Für viele Frachtführer stellt sich im Rahmen der Corona-Krise die Frage,
ob sie zusätzliche Aufwendungen, die zum Beispiel durch längere Warte-
zeiten, die Umsetzung von Hygieneplänen etc. entstehen, ersetzt verlangen
können.
Grundsätzlich ist die Risikoverteilung im Frachtrecht klar geregelt. Der
Frachtführer ist verpflichtet, das Gut an den Bestimmungsort zu liefern
und an den Empfänger abzuliefern, während der Absender verpflichtet ist,
die vereinbarte Fracht (Vergütung) zu zahlen, §407 HGB. Der Frachtfüh-
rer ist also gehalten, bis zur Grenze des §275 BGB alles zu tun, um seine
Pflicht zu erfüllen. Allerdings kann der Frachtführer in einigen eng umris-
senen Fällen Ersatz seiner zusätzlichen Aufwendungen oder eine zusätzli-
che Vergütung verlangen.
Standgeld/Vergütung von dem Risikobereich des Absenders zuzurechnenden
Verzögerungen
Gemäß §412 Abs.1 HGB ist das Beladen und Entladen grundsätzlich Auf-
gabe des Frachtführers. Gemäß §412 Abs.2 HGB kann für die Lade- und
Entladezeit keine gesonderte Vergütung verlangt werden. Etwas anderes
gilt gemäß §412 Abs.3 HGB allerdings dann, wenn der Frachtführer auf
Grund vertraglicher Vereinbarung oder aus Gründen, die nicht seinem Ri-
sikobereich zuzurechnen sind, über die Lade- oder Entladezeit hinaus war-
tet. In diesem Fall hat er einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung,
die als Standgeld bezeichnet wird.
Gemäß §420 Abs.4 HGB kann der Frachtführer zusätzlich zur verein-
barten Fracht eine angemessene Vergütung verlangen, wenn nach Beginn
der Beförderung und vor Ankunft an der Ablieferungsstelle eine Verzöge-
rung eintritt, die dem Risikobereich des Absenders zuzuordnen ist.
Der Gesetzgeber geht in diesen und in weiteren Vorschriften davon aus,
dass Störungen der Vertragsdurchführung stets dem Risiko- und Zurech-
nungsbereich zugeordnet werden könnten. Im Störungsfall sei dann je-
weils nur das Schutzbedürfnis desjenigen Vertragspartners anerkennens-
wert, dessen Gefahrenkreis die Störungsursache nicht zuzuordnen ist.31
Während diese Zuordnung auf den ersten Blick einleuchtend erscheint,
hat sich um die Frage, welche Risiken der Sphäre des Frachtführers oder
IV.
1.
31 BT-Drucks. 13/8445, S.41.
Andreas Maurer
220
https://doi.org/10.5771/9783748909279, am 02.10.2020, 12:06:58
Open Access - - https://www.nomos-elibrary.de/agb
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Buch Vertragsrecht in der Coronakrise"
Vertragsrecht in der Coronakrise
- Titel
- Vertragsrecht in der Coronakrise
- Autor
- Daniel Effer-Uhe
- Herausgeber
- Alica Mohnert
- Ort
- Baden-Baden
- Datum
- 2020
- Sprache
- deutsch
- Lizenz
- CC BY-NC-ND 4.0
- ISBN
- 978-3-7489-0927-9
- Abmessungen
- 15.3 x 22.7 cm
- Seiten
- 258
- Kategorien
- Coronavirus
- Recht und Politik
Inhaltsverzeichnis
- Corona und das Allgemeine Leistungsstörungsrecht 11
- Wegfall der Geschäftsgrundlage als Antwort des Zivilrechts auf krisenbedingte Vertragsstörungen? - Systemerwägungen zu §313 BGB und sachgerechter Einsatz in der Praxis - 47
- Verbraucher- und Gläubigerrechte in der Corona-Krise –Ausweitung oder Einschränkung? 73
- Die vertragsrechtlichen Regelungen in Art.240 EGBGB: Voraussetzungen, Rechtsfolgen, offene Fragen 95
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